Ein vorbestrafter Beizer aus dem Zürcher Milieu, der in einer Kiste in seinem Garten Dutzende Festplatten mit teilweise hochsensiblen Daten der Staatsanwaltschaft hortet – und versucht, damit die Behörden zu erpressen. Was Blick wie auch der «Tages-Anzeiger» Ende vergangenen Jahres bekannt machten, klang schier unglaublich.
Über Jahre hatte die Zürcher Justizdirektion Datenträger stümperhaft entsorgt, wodurch unter anderem psychiatrische Gutachten und die Telefonnummern von Polizistinnen und Polizisten in die falschen Hände gerieten. Ein Strafverfahren läuft.
Am Montag hat der Zürcher Kantonsrat nun entschieden, eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) einzusetzen, die den Datenskandal aufarbeiten soll. Es ist das stärkste Instrument, das dem Kantonsparlament zur Verfügung steht. Das bisher letzte Mal wurde eine PUK vor 13 Jahren eingesetzt – damals ging es um den Korruptionsfall bei der Zürcher Pensionskasse BVK.
Der Entscheid fiel mit 92 zu 76 Stimmen. SVP, FDP und GLP stimmten geschlossen dafür – die linken Parteien, die EVP sowie auch die Mitte, die einst ebenfalls eine PUK gefordert hatte, waren dagegen.
Alle fordern «lückenlose Aufklärung»
Dass es eine Aufarbeitung braucht, darin war man sich von links bis rechts einig. Auch Justizdirektorin Jacqueline Fehr (60) wiederholte, dass eine lückenlose Aufklärung wichtig sei, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Behörden wiederherzustellen. Von linker Seite tat man die Forderung nach einer PUK allerdings von Anfang an als «Wahlkampf–Gag» ab – ein Manöver, an dem man nun nach den Wahlen von vergangenem Februar festhalten müsse, um nicht das Gesicht zu verlieren. Aus ihrer Sicht hätte auch die bereits laufende Untersuchung der Geschäftsprüfungskommission (GPK) gereicht, um die Vorkommnisse unter die Lupe zu nehmen.
Die bürgerliche Mehrheit allerdings sieht das anders. Der GPK fehlten dafür die personellen und zeitlichen Ressourcen, argumentierte FDP-Vertreterin Corinne Hoss-Blatter (58). Zudem wurde vonseiten der SVP auch Kritik an der Arbeit der GPK geäussert.
Administrativuntersuchung blieb lange unter Verschluss
Zum «Datensicherheitsvorfall», wie ihn die Justizdirektion nennt, war es von 2006 bis 2012 gekommen – unter der Ägide des damaligen SP-Regierungsrats Markus Notter (62) und seines Nachfolgers Martin Graf (68) von den Grünen. Aber auch die heutige Justizdirektorin Fehr steht in der Kritik, weil sie nach Bekanntwerden des Datenlecks 2020 zwar eine Administrativuntersuchung eingeleitet hatte – über deren Ergebnis aber nicht einmal die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Kantonsrats informierte. Der Abschlussbericht wurde erst publik, als der Fall öffentlich wurde. Die GPK kritisierte Fehr dafür.
In der Untersuchung wird die noch einzusetzende PUK nun unter anderem der Frage nachgehen, ob die Justizdirektion nach Bekanntwerden des Datenlecks angemessen reagiert hat. Zudem soll auch angeschaut werden, wie es heute bezüglich Datensicherheit in der Zürcher Verwaltung steht. (lha)