Günstigere Medikamente
Pharmaverband gibt Widerstand auf

Generika sind in der Schweiz viel teurer als im Ausland. Mittels Referenzpreisen, die sich am Ausland orientieren, will Gesundheitsminister Berset das ändern. Die Pharmaindustrie hat sich bislang immer gegen das Vorhaben gestellt. Jetzt bröckelt der Widerstand.
Publiziert: 28.10.2020 um 09:15 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2021 um 10:38 Uhr
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Generika sind Nachahmerprodukte von Medikamenten mit abgelaufenen Patenten.
Foto: Keystone
Gianna Blum

Bundesrat Alain Berset (48) muss sparen. Denn Jahr für Jahr steigen die Gesundheitskosten. Mehrere Hundert Millionen Franken Einsparungen erhofft sich Berset davon, konsequent auf Generika zu setzen. Dabei handelt es sich um Nachahmerpodukte von Medikamenten mit abgelaufenen Patenten, welche die gleiche Wirkung haben wie die Originale, aber billiger sind.

In der Schweiz sind Generika allerdings etwa doppelt so teuer wie im Ausland. Berset will dem nun mit einem Referenzpreis Abhilfe schaffen: Nach einem Preisvergleich mit den Nachbarländern soll das Bundesamt für Gesundheit (BAG) festlegen, wie viel Krankenkassen maximal für ein Generikum bezahlen. Wenn die Kassen nur das jeweils billigste Medikament bezahlen, sparen alle – so die Theorie. Besteht ein Patient auf seinem Originalmedikament, zahlt er für den Unterschied.

Umstrittene Referenzpreise

An der Sondersession diese Woche beugt sich der Nationalrat über den ersten Teil des Sparpakets, zu dem auch die umstrittenen Referenzpreise gehören. Die Gesundheitskommission des Nationalrats hat sich dagegengestellt – und will lieber Massnahmen, um den Marktanteil für Generika zu erhöhen, etwa Parallelimporte zuzulassen. Auch die Pharmafirmen haben sich bislang immer gegen Referenzpreise gestellt: Sie warnen vor schlechteren Therapien, steigendem Medikamentenverbrauch und weniger Versorgungssicherheit.

Ein Pharmaverband schert nun jedoch aus: Interpharma, dem unter anderen Pharmariesen wie Roche und Bayer angehören. Gemeinsam mit dem Krankenkassenverband Santésuisse signalisiert Interpharma nun Offenheit. «Interpharma ist bereit, die Massnahmen mitzutragen, selbst wenn diese auch für die Pharmaindustrie schmerzhaft sind» so René Buholzer, Direktor des Verbandes der forschenden Industrie.

Allerdings lenkt Interpharma unter Vorbehalt ein: dass nämlich der Nationalrat dem Vorschlag von BDP-Nationalrat Lorenz Hess (59) folgt. Dieser hatte in der Kommission unter anderem vorgeschlagen, zwischen Biosimilars und Generika zu unterscheiden. Erstere sind – ähnlich wie Generika – Nachahmerprodukte von Medikamenten mit abgelaufenen Patenten, allerdings von biologisch statt chemisch hergestellten.

Krach um Biosimilars

Bei der Allianz gegen Referenzpreise kommt der Zug von Interpharma schlecht an. «Das ist kein Einlenken», kritisiert Axel Müller, Geschäftsführer von Intergenerika. Denn gerade die Biosimilars seien ein stark wachsender Markt. «Biosimilars würden so faktisch vom Wettbewerb ausgeschlossen – das stützt dann erst recht die teuren Originalprodukte.»

Buholzer betont, dass Interpharma offen für eine Preisdiskussion bei Biosimilars sei – allerdings müsse dieser gesondert definiert werden. «Es wäre dann am Zweitrat, vertieft zu prüfen, wie sie im Detail behandelt werden.»

Preisüberwacher freut sich

So oder so: Einer, der sich am bröckelnden Widerstand seitens der Pharma freut, ist Preisüberwacher Stefan Meierhans (52). «Ich begrüsse es, dass auch Interpharma den Nutzen des Referenzpreises sieht», sagt er. Denn dies sei eine Sparmassnahme, die nicht auf Kosten der Qualität gehe.

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