Grünes Licht für Mobility Pricing
Sommaruga will Pendler stärker zur Kasse bitten

Kantone und Gemeinden sollen Pilotversuche zu Mobility Pricing durchführen können. Der Bundesrat hat am Mittwoch die rechtlichen Grundlagen in die Vernehmlassung geschickt.
Publiziert: 03.02.2021 um 12:49 Uhr
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Aktualisiert: 15.03.2021 um 09:20 Uhr
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Das Schweizer Verkehrsnetz ist am Anschlag – gerade zu Pendlerzeiten am Morgen und am Abend. Das betrifft die Strasse.
Foto: imago/Ralph Peters

Der Bundesrat drückt aufs Gas. In den nächsten Jahren will er die Verkehrsfinanzierung komplett umkrempeln. Gehts nach SP-Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga (60), sollen schon bald die ersten Pilotprojekte in Sachen Mobility Pricing anlaufen.

Der Hintergrund: Strasse und Schiene sind am Morgen und am Abend oft überlastet. Ausserhalb der Rush Hour aber gäbe es Platz. Deshalb prüft der Bund nun Extra-Kosten zu den Stosszeiten. Wer also genau dann durch den Baregg-Tunnel will oder in der Rush Hour im Intercity von Basel nach Bern fährt, soll künftig mehr bezahlen als ein Ausflügler, der erst am späten Morgen in Zug oder Auto steigt. Das würde gerade Pendler treffen.

Der Bundesrat hat am Mittwoch die nötige Gesetzesgrundlage bei Kantonen, Gemeinden und Verbänden in Vernehmlassung gegeben. Das Gesetz soll auf zehn Jahre befristet sein und solche Projekte rechtlich ermöglichen sowie finanziell unterstützen.

Modelle mit Abgabepflicht – oder Freiwilligkeit

Für die konkrete Ausgestaltung wären je nachdem Kantone und Gemeinden oder interessierte Organisationen verantwortlich. Das Gesetz unterscheidet zwischen Pilotprojekten mit Abgabepflicht und solchen, die auf Freiwilligkeit beruhen. Ziel aber bleibt in beiden Fällen, die Verkehrsspitzen zu glätten und die Kapazitäten auf Strasse und Schiene besser zu nutzen.

Verschiedene Regionen haben gemäss der Landesregierung Interesse an der Durchführung eines Pilotprojektes bekundet. Die Vernehmlassung dauert vom 4. Februar bis zum 17. Mai.

Das Verkehrsdepartement (Uvek) ist daran, die eingereichten Projektideen mit interessierten Kantonen, Städten und Gemeinden zu bereinigen und zu konkretisieren. Für einige dieser Projektskizzen würden dann Machbarkeitsstudien durchgeführt. Resultate sollen 2022 vorliegen. Dann werde entschieden, welche Pilotprojekte realisiert würden.

Erster Versuch lässt hoffen

Bereits 2015 hatte der Bundesrat einen Konzeptbericht zum Mobility Pricing vorgelegt. Später beauftragte er das Uvek, mit interessierten Kantonen die Durchführung von Pilotprojekten zu prüfen. 2017 beschloss er dann aber, vorerst darauf zu verzichten und zuerst am Beispiel der Region Zug auf theoretischer Ebene zu untersuchen, welche Auswirkungen Mobility Pricing hätte.

Die Analyse zeigte gemäss der Landesregierung, dass Mobility Pricing einen wesentlichen Beitrag zum Glätten von Verkehrsspitzen in stark belasteten Agglomerationen leisten könne. Die Verkehrsmenge im motorisierten Individualverkehr könne in den Spitzenstunden um 9 bis 12 Prozent reduziert werden, im öffentlichen Verkehr um 5 bis 9 Prozent.

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Kilometer-Abgabe ins Auge gefasst

In der theoretischen Wirkungsanalyse zur Region Zug wurden für den Strassenverkehr die Mineralölsteuern, die Autobahnvignette und die Automobilsteuer durch eine Kilometer-Abgabe ersetzt. Für den öffentlichen Verkehr wurden ebenfalls leistungsabhängige Tarife angenommen.

Zur langfristigen Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur ist beim Uvek und beim Finanzdepartement ein Konzept in Arbeit. Dieses soll aufzeigen, ob und wie bestehende Steuern und Abgaben durch eine fahrleistungsabhängige Abgabe abgelöst werden können. Dies ist laut Bundesrat nötig, weil aufgrund der wachsenden Anzahl Elektroautos die Erträge aus den Mineralölsteuern sinken werden. (SDA/dba)

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