Also doch: Die Landesregierung will das Konzept des Mobility Pricing vorantreiben. Nach einer Anhörung seien die meisten Kantone und Parteien positiv gestimmt.
Verkehrsministerin Doris Leuthard (CVP) spricht von einem mittel- bis langfristigen Konzept. Sie erinnert an die vollen Zügen und die Staus auf den Strassen in den Stosszeiten. «Wer dann unterwegs ist, muss leiden. Das Problem kostet viel Zeit und Geld.»
Ausbauten seien nicht nur extrem teuer, man stosse in vielen Gebieten auch an räumliche Grenzen. Deshalb müsse die Schweiz Alternativen prüfen.
«Mobility Pricing bezweckt, die Verkehrsspitzen zu brechen», so Leuthard. Und zwar sowohl auf der Strasse und auf der Schiene. Sie erwähnt die Situation beim Grauholz auf der A1 und den Zürcher Hauptbahnhof.
Für den Bundesrat sei Mobility Pricing kein zusätzliches Finanzierungsinstrument, es gehe bloss um die Glättung der Auslastung. «Wir wollen für die Mobilität nicht mehr Geld, wir wollen bloss, dass sie anders bezahlt wird.» Wer nur zu Spitzenzeiten unterwegs sein wolle, müsse künftig wohl mehr bezahlen.
Ein Road Pricing, wie es schon länger diskutiert werde, sei nicht zielführend, denn der Verkehr müsse als Ganzes betrachtet werden. Konkret sollen Pilotversuche geprüft werden. «Uns ist bewusst, dass wir bei den Berufspendlern eine grosse Sensibilität haben», so Leuthard. Deshalb möchte der Bundesrat auch flexiblere Arbeitsmodelle prüfen.
Der Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra) Jürg Röthlisberger betont, dass auch weiterhin die Strasse ausgebaut werden sollen. Allerdings sei das nicht die einzige Notwendigkeit. Sein Amt versuche mit verschiedenen Massnahmen den Verkehrsfluss zu erhöhen. So würden etwa Autos nur noch tröpfchenweise auf die Autobahn gelassen.
Auch für den Astra-Chef ist klar, dass tägliche Anwesenheit in vielen Firmen eigentlich nicht mehr nötig sei. Er hoffe, dass die Arbeitgeber hier an Bord seien, um Home-Office zu fördern. Mittelfristig soll das Mobility Pricing die heutige Vignette ablösen.
Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamts für Verkehr (BAV), hält fest, dass es schlecht wäre, wenn Pendler auf einen der beiden Verkehrsträger abgewälzt würden. Auf der Schiene soll bald ein elektronisches Bezahlsystem gelten.
Das Generalabonnement werde – womöglich in «angepasster Form» – weiterhin seine Daseinsberechtigung haben. Für ihn ist klar, dass dieses einem grossen Bedürfnis entspreche. Auf Nachfrage spricht er von einer «grossen Herausforderung». Konkret rechnet er mit «Differenzierungen, die eingebaut» werden könnten. Leuthard sagt dazu, dass mehr Gerechtigkeit geschaffen werden soll.
«Heute gibt es viele, die das GA nach vier Monaten rausgeschlagen.» Ab dann würde die Öffentlichkeit bezahlen. «Das GA ist ein Erfolgsmodell. Wir wollen nicht, dass die Leute auf die Strasse abwandern». Auch wenn sie vage bleibt – Leuthard stellt das GA, wie wir es heute kennen, offen in Frage.
Die Verkehrsministerin rechnet beim Mobility Pricing mit einem Zeithorizont von 15 Jahren. Hinzu komme, dass Forschung und Technik grosse Fortschritte machen würden. Sie verweist etwa auf selbstfahrende Autos.
Aktuell zeigen sich vor allem der Grossraum Bern und die Kantone Zug, Genf und Tessin sehr offen für Pilotversuche.