Es ist ein hochemotionales Thema, dass im Kanton Zürich wohl schon bald lauthals thematisiert wird. Eine am vergangenen Mittwoch eingereichte Initiative verlangt, dass sämtliche Alters- und Pflegeheime im Kanton Sterbehilfe zulassen müssen. Bislang können private Heime dies verweigern.
Die Sterbehilfeorganisationen Exit und Dignitas unterstützen die Initiative. «Jeder Mensch soll das Recht haben, an dem Ort zu sterben, wo er möchte», sagt Exit-Mediensprecherin Danièle Bersier. «Die Betroffenen wohnen im Altersheim. Es ist unmenschlich und eine Zumutung, wenn man das Zuhause fürs Sterben verlassen muss.» Im Initiativkomitee befinden sich neben Politikerinnen und Politikern auch Prominente wie Viktor Giacobbo (71).
Einer, der in seinem Pflegeheim keine Sterbehilfe zulassen möchte, ist Markus Schaaf (57). Der EVP-Kantonsrat führt das Zentrum Rämismühle im Zürcher Tösstal. Er stellt sich nicht generell gegen assistierte Sterbehilfe. Aber: «Die Initiative ist Zwängerei.»
Pflegeheime sollten selbst entscheiden können, ob sie Suizidbegleitung zulassen möchten oder nicht, sagt er. «Es gibt Mitarbeiter und Bewohner, die sich bewusst für einen Ort entscheiden, wo sie sicher sein können, dass kein assistierter Suizid angeboten wird.» Gerade für die Mitarbeitenden könne bei einer Sterbebegleitung die psychische Belastung hoch sein. Auch darum habe man sich entschieden, dass man keine Sterbehilfe im Zentrum Rämismühle möchte. Für andere Heime würden religiöse Gründe eine Rolle spielen.
Schaaf ist seit 27 Jahren Heimleiter. Während dieser Zeit habe noch niemand einen konkreten Wunsch nach Sterbehilfe geäussert. Doch er verspricht: «Wenn die Initiative durchkommt, halten wir uns natürlich an das Gesetz, ich rechne aber nicht damit, dass sich bei uns etwas ändern wird.»
Nur 20 Heime betroffen
Doch bei über 90 Prozent der Zürcher Altersheime sei assistierter Suizid schon jetzt möglich. «Die Auswahl ist gross genug», sagt Schaaf. Tatsächlich müssten nur rund 20 Heime ihre Praxis ändern, sollte die Initiative durchkommen, das zeigt eine Umfrage des Branchenverbands Artiset Zürich, über die der «Tages-Anzeiger» berichtet. Exit-Mediensprecherin Bersier lässt das nicht gelten: «Oftmals ist man bei der Suche nach einem Altersheimplatz an den Ort gebunden. Die Auswahl ist gerade in kleineren Dörfern beschränkt.»
Exit schreibt, man habe im vergangenen Jahr 1125 Mitglieder in den Tod begleitet. «Davon 856 in einem privaten Domizil und 209 in einem Alters- oder Pflegeheim.» Bei der kleineren Dignitas seien es «ein bis zwei pro Jahr».
In der Schweiz herrscht bei der Sterbehilfe in Altersheimen der Kantönligeist. So hat zum Beispiel der Kanton Wallis im vergangenen Jahr einer ähnlichen Regelung, wie die Initiative vorsieht, zugestimmt, wie auch der Landrat im Kanton Nidwalden. In Kantonen wie Bern, Luzern und Thurgau dürfen die Heime selbst entscheiden. Trotzdem: Initiativen in anderen Kantonen plant Exit keine. «Wir würden aber einheitliche Regelungen begrüssen.» (bro)