Die Bürgerlichen wollen mehr Regulierung, die Linken weniger: Im Nationalrat herrschte am Dienstagmorgen verkehrte Welt. Gegen den Willen von SP, Grünen und GLP hat sich der Rat für schärfere Regeln bei der Untervermietung von Wohnungen ausgesprochen. Die Verschärfung betrifft auch Private, die ihre Wohnung tage- und wochenweise via Airbnb oder ähnliche Plattformen vermieten.
Neu sollen Mieter immer die schriftliche Zustimmung des Vermieters benötigen, wenn sie eine Wohnung untervermieten wollen. Auch will der Nationalrat den Vermietern mehr Instrumente in die Hand geben, um die Untervermietung gegebenenfalls zu unterbinden. So soll der Vermieter neu ein ausserordentliches Kündigungsrecht erhalten, wenn der Mieter die Voraussetzungen für die Untermiete nicht einhält.
SP ist für Airbnb-Verbot – aber nicht für diese Lösung
Die Gesetzesvorlage stammt von der Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats und geht nun an den Ständerat, der ihr ebenfalls zustimmen muss. Sie geht auf einen Vorstoss des ehemaligen Nationalrats Hans Egloff (63) zurück, der Präsident des Hauseigentümerverbands ist. Der Nationalrat befasste sich mit dem Anliegen schon im Februar 2017. Danach wurde die Behandlungsfrist der Vorlage dreimal verlängert.
Eine Mehrheit des Rats war damals der Ansicht, es bestehe auch wegen Vermietungsplattformen wie Airbnb Handlungsbedarf. In Städten würden Altbauwohnungen vielfach zu Mietzinsen untervermietet, die beträchtlich über den Mietpreisen lägen.
SP-Nationalrätin Jacqueline Badran (61) hat jüngst als Massnahme gegen die aktuelle Wohnungsnot ein Airbnb-Verbot gefordert. Für den Vorschlag, der jetzt auf dem Tisch liegt, sind die Linken allerdings nicht zu haben.
Grüne, SP und GLP warnen vor mehr Bürokratie
Bei der Verschärfung handle es sich vor allem um eine Verkomplizierung, argumentierte Grünen-Nationalrat Michael Töngi (55). Mietern drohe die Kündigung, wenn sie einen Formfehler machen würden. Beat Flach von der GLP sprach von einem «bürokratischen Blockadeartikel, angereichert mit zusätzlichen Hürden und Folgen für die Mieterinnen und Mieter, die ihre Mietliegenschaft kurzzeitig oder auch etwas länger untervermieten wollen».
Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44) wehrte sich gegen diese Darstellung. Was vorgeschlagen werde, seien «klare und justiziable Regeln bei der Untermiete» – und nicht Bürokratie und Blockade.
Der Bundesrat ist gegen die Änderung. Er warnt, dass die neue Regelung die Nutzung von Airbnb und anderen Plattformen stark erschweren oder gar verunmöglichen würde. Denn dem Vermieter müssten künftig im Untermietgesuch die Namen der Untermieter genannt werden. Teilweise fänden Buchungen aber sehr kurzfristig statt, gibt die Regierung zu bedenken.
In der Schweiz herrscht Wohnungsnot
Weiterer Entscheid zugunsten der Vermieter
Der Nationalrat hiess am Dienstag auch eine Gesetzesvorlage gut, die es Vermietern vereinfachen will, wenn sie Räumlichkeiten für den Eigenbedarf verwenden wollen.
Konkret soll neu eine Kündigung der Mieträumlichkeiten nicht mehr nur bei einem «dringenden» Eigenbedarf des Besitzers möglich sein, sondern wenn der Eigentümer «einen bei objektiver Beurteilung bedeutenden und aktuellen Eigenbedarf» geltend machen kann. Die Befürworter dieser Änderung erhoffen sich davon eine Beschleunigung von Verfahren bei Streitigkeiten.
Diese Vorlage geht auf eine parlamentarische Initiative des ehemaligen Tessiner FDP-Nationalrats Giovanni Merlini (60) zurück. Auch diese Vorlage bekämpfte der Bundesrat und wurde mit den Stimmen der SVP-, FDP- und Mitte-Fraktion angenommen. Sie geht ebenfalls noch an den Ständerat.
Mieterverband kündet Referenden an
Die Befürworter sprachen von einer kleinen Anpassung, welche auch den Bedürfnissen der Mieterschaft gerecht würde. Die Gegner sagten, das Ungleichgewicht im Mietrecht würde sich mit dieser unnötigen Anpassung weiter zugunsten der Immobilienbesitzer verschieben.
Der Schweizer Mieterverband kündigte schon am Montag «mehrere Referenden» an, falls sich das Parlament für eine Verschärfung des Mietrechts ausspreche. (lha/SDA)