Gegen autofreie Sonntage
Bundesrat will Strassenverkehr nicht ausbremsen

Wie in den 70er-Jahren: Der Bund soll Autos, Töffs und Lastwagen von allen öffentlichen Strassen verbannen – mindestens vier Mal im Jahr. So wollen die Grünen den CO₂-Ausstoss und die Abhängigkeit von russischem Öl senken. Der Bundesrat will davon nichts wissen.
Publiziert: 19.08.2022 um 08:33 Uhr
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Auf keinen Fall: Der Bundesrat mit Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga will Autos, Töffs und Lastwagen nicht von den öffentlichen Plätzen und Strassen verbannen.
Foto: GEORGIOS KEFALAS

Natürlich ist es ihm ein Anliegen, den CO₂-Ausstoss im Strassenverkehr weiter zu reduzieren, versichert der Bundesrat. Aber deswegen gleich landesweit den gesamten Strassenverkehr ausbremsen? Das geht der Landesregierung dann doch zu weit. Eine Motion der Grünen für autofreie Sonntage lehnt er daher unmissverständlich ab.

Mindestens vier Mal im Jahr sollen Autos, Töffs und Lastwagen von allen öffentlichen Plätzen und Strassen verbannt werden, fordern die Grünen. Sie begründen dies nicht nur mit dem Klimawandel, sondern auch mit dem Ukraine-Krieg. So sei der Strassenverkehr sowohl für rund 30 Prozent des CO₂-Ausstosses als auch zu einem grossen Teil für die Abhängigkeit der Schweiz von russischem Öl verantwortlich.

Putins Regime finanziell isolieren

«Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat in einer neuen Dringlichkeit aufgezeigt, weshalb eine souveräne Energieversorgung ohne fossile Energieträger auskommen sollte», erklärt Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer (47). «Um Putins Regime finanziell zu isolieren, muss Europa die Abhängigkeit von fossilen Energien reduzieren.»

Die Idee ist nicht neu. Autofreie Sonntage gab es in der Schweiz schon während der Ölkrise in den 1970er-Jahren. Damit wollte der Bundesrat das knapp werdende Benzin sparen. Seit ein paar Jahren aber erlebt die Idee in der Schweiz ein echtes Comeback.

So beschloss die Glarner Landsgemeinde im Mai, mehrere autofreie Tage einzuführen. So soll das Klöntal von Blechlawinen befreit werden. Andermatt UR wiederum sperrte im Rahmen eines Pilotversuchs die Strassen im Dorfkern an zwei Samstagen für Autos – mit positiven Erfahrungen. Auch in anderen Schweizer Städten wie Basel, Zürich oder Winterthur sind autofreie Sonntage in Planung.

Im Ausland kaum zu verstehen

Auch der Bundesrat «findet die Idee sympathisch, vier autofreie Sonntage pro Jahr durchzuführen», betont die Regierung in ihrer schriftlichen Antwort. Umsetzen aber will sie die Massnahme auf gar keinen Fall. Die Hürden dafür seien viel zu hoch. So müssten etwa Polizei, Notfalldienste, Taxis oder Behindertentransporte die Strasse weiter nutzen können. «Dies führt zu Problemen bei der Verkehrssicherheit.»

Und weiter: «Es würde zudem im Ausland kaum verstanden werden, wenn der Strassenverkehr an der Schweizer Grenze aufgehalten würde», befürchtet der Bundesrat. Der Schweiz dürfte vielmehr zum Vorwurf gemacht werden, unnötigen Umwegverkehr mit entsprechend höherem CO₂-Ausstoss zu erzeugen. Auch wären negative Folgen in abgelegenen Gebieten mit minimalem ÖV-Anschluss zu erwarten.

Lieber mit bisherigen Rezepten weiterfahren

Um die CO₂-Bilanz im Strassenverkehr zu verbessern, setzt der Bundesrat daher lieber auf seine bisherigen Rezepte: zum Beispiel auf tiefere CO₂-Zielwerte für Neufahrzeuge, die Kompensationspflicht für Importeure fossiler Treibstoffe oder auf den Bau von Schnellladestationen entlang der Nationalstrassen.

Gleichzeitig schafft der Bundesrat derzeit die rechtliche Grundlage, um Fahrgemeinschaften im Strassenverkehr privilegieren zu können. Das sogenannte «Carpooling» soll gefördert werden, indem den Mitfahrgemeinschaften Sonderrechte im Strassenverkehr eingeräumt werden.

Und sowieso: Mit den beliebten «Slowup»-Veranstaltungen gebe es bereits heute eine Möglichkeit, um auf klimafreundliche Mobilität aufmerksam zu machen. Für den Bundesrat reicht das dann aber auch. (dba)

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