Wer als Flüchtling in die Schweiz kommt, kann Glück haben. Oder Pech. Je nachdem, welchen Status er erhält: Einige werden als Flüchtlinge anerkannt, andere erhalten nur die vorläufige Aufnahme. Dann müssen sie in ihre Heimat zurückkehren, sobald sich die Lage dort bessert.
Theoretisch mag diese Unterscheidung sinnvoll sein – in der Praxis entstehen daraus oft völlig willkürliche Entscheide. Das zeigt sich nirgendwo besser als bei geflohenen Syrern: Mal erhalten sie den B-Ausweis für Flüchtlinge, mal den F-Ausweis für vorläufig Aufgenommene.
Für die Behörden ist es ein Buchstabe, für die Betroffenen hat der Aufenthaltsstatus handfeste Konsequenzen. So dürfen vorläufig Aufgenommene nur in Ausnahmefällen ins Ausland reisen. Wenn der Bruder in Italien lebt und schwer krank ist, zum Beispiel. Oder wenn die Schulreise der Tochter nach Konstanz (D) führt.
Dafür ist allerdings jedes Mal ein bürokratischer Hürdenlauf nötig.
Bundesrat will strengere Regeln
Dennoch will der Bundesrat die Schraube noch weiter anziehen. Künftig sollen vorläufig Aufgenommene – von denen die Mehrheit längerfristig in der Schweiz bleibt – das Land grundsätzlich gar nicht mehr verlassen dürfen. So schlägt es die Landesregierung der staatspolitischen Kommission vor, die sich am vergangenen Freitag zum ersten Mal über das Dossier gebeugt hat.
Damit geht der Bundesrat weiter als das Parlament selbst, das F-Flüchtlingen ursprünglich nur Reisen ins Heimatland verbieten wollte. Dementsprechend regt sich in der Kommission Widerstand.
Die grünliberale Nationalrätin Corina Gredig (33) bezeichnet bereits die heutige Situation als «unmenschlich». «Die Tatsache, dass Personen nur in Ausnahmefällen die Schweiz verlassen dürfen, ist reine Schikane», sagt die Zürcherin.
Unverständnis bei GLP-Nationalrätin
«Unser Ziel muss es doch sein, diese Personen so schnell wie möglich zu integrieren – und nicht, ihnen weitere Hürden in den Weg zu legen.» Gredig versteht nicht, warum etwa eine Familie ihre Verwandten nicht besuchen dürfe, wenn sie in einem anderen europäischen Land lebten.
Die Nationalrätin will sich gegen das Verbot von Auslandsreisen einsetzen. Mehr noch: Ihrer Meinung nach wäre eine Lockerung der heutigen Beschränkungen angebracht.
«Das aktuelle, komplizierte Prozedere für eine Bewilligung ist unverhältnismässig», findet die Grünliberale.
Über eine Lockerung der Regeln würde sich auch Salman Hasan (52) freuen. Der Syrer lebt seit drei Jahren in der Schweiz und hat das Land bisher nicht verlassen dürfen. Verstehen kann er das nicht. «Die Schweiz ist doch das Land der Menschenrechte», sagt er. «Wenn alle Menschen die gleichen Rechte haben, ist das besser.»
Schweiz als Zwangsgefängnis
Hasan fragt sich auch, «warum man aus diesem Paradies, das die Schweiz ist, ein Zwangsgefängnis macht.»
Die Familienmitglieder und Freunde vieler Flüchtlinge seien oftmals auf verschiedene Länder verteilt. «Und diese Kontakte sind gerade in unserem Kulturkreis normalerweise sehr eng», sagt Hasan. «Ein Reiseverbot trifft uns deshalb hart.»