Nur 58 Prozent der verurteilten Ausländer werden ausgeschafft – zu wenig, wie selbst SP-Politiker Daniel Jositsch (55) findet. «Das ist eine Missachtung des Volkswillens», sagt er im BLICK.
Woran liegt es, dass nur etwas mehr als die Hälfte der kriminellen Ausländer das Land verlassen müssen? Dieser Frage ist das Bundesamt für Statistik (BfS) nachgegangen. Die Rechenexperten haben drei Hauptfaktoren gefunden: den Geburtsort, den Aufenthaltsstatus und die Schwere der Straftat.
Geburtsort Schweiz schützt vor Landesverweis
Die Ausschaffungs-Initiative der SVP verlangte, dass automatisch ausgeschafft werden muss, wer wegen bestimmter Delikte verurteilt wurde. Dazu gehören:
- vorsätzliche Tötungsdelikte,
- Vergewaltigung oder anderere schwere Sexualdelikte,
- Gewaltdelikte wie Raub,
- Menschenhandel,
- Drogenhandel,
- Einbruchsdelikte,
- Missbrauch von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe.
Dennoch im Land bleiben dürfen Verurteilte nur, wenn sie einen sogenannten Härtefall geltend machen können. Das Gesetz sieht Härtefälle vor allem für jene vor, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind. Und daran scheinen sich die Richter zu halten, wie die BfS-Analyse zeigt. Von jenen Verurteilten, die in der Schweiz geboren wurden, wurden nur elf Prozent des Landes verwiesen. Bei jenen, die ausserhalb der Schweiz geboren wurden, beträgt die Quote 72 Prozent. Allerdings: Die in der Schweiz Geborenen machen nur etwa fünf Prozent der nach dem obigen Katalog Verurteilten aus. Insgesamt kann man sagen: Nicht in der Schweiz geboren zu sein, erhöht das Risiko einer Ausschaffung um den Faktor 4,2.
Wer länger da ist, darf eher bleiben
Was die Analyse auch zeigt: Je länger man in der Schweiz lebt, desto besser ist man vor einem Landesverweis geschützt. Das BfS hat dazu die Daten zum Aufenthaltsstatus der Verurteilten analysiert. Kriminelle Ausländer, die eine befristete B-Bewilligung haben – normalerweise erhält man diese nach einigen Jahren in der Schweiz –, konnten in 65 Prozent der Fälle in der Schweiz bleiben.
Inhaber von unbefristeten Niederlassungsbewilligungen (C-Ausweis) durften sogar zu 81 Prozent bleiben. Auch viele Secondos haben eine C-Bewilligung. Anders sieht es bei Kriminaltouristen und Asylsuchenden aus. Diese wurde nach einer Verurteilung zu 87 Prozent ausgeschafft. Den Zusammenhang zwischen dem Aufenthaltsstatus und einem Landesverweis stuft das BfS als «stark» ein.
Interessant: Haben kriminelle Ausländer einen B- oder C-Ausweis, spielt es kaum eine Rolle, woher sie kommen. Die SVP beharrt jeweils darauf, dass EU-Bürger wegen der Personenfreizügigkeit besser geschützt seien. Dafür finden die Statistiker aber keinen Hinweis.
Je schwerer die Strafe, desto eher die Ausschaffung
Zwei Straftaten machen besonders viele Verurteilungen aus: schwerer Drogenhandel und Diebstahl. Und hier wird auch besonders häufig ausgeschafft: Bei beiden Delikten beträgt die Quote etwa 87 Prozent. Auch verurteilte Mörder und Totschläger werden oft des Landes verwiesen. Deutlich weniger sind es bei schwerer Körperverletzung, Vergewaltigung oder etwa pädophilen Handlungen. Und von den 108 Fällen, die wegen einfachen Betrugs im Bereich einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe verurteilt wurden, mussten nur 5,6 Prozent das Land verlassen.
Das BfS hat sich auch den Zusammenhang zwischen Strafmass und Landesverweis angeschaut. Hier zeigt sich: Je härter eine Straftat bestraft wurde, desto eher folgte auch die Ausschaffung. Wer eine Geldstrafe erhielt, durfte in 96 Prozent der Fälle bleiben. Wer zu einer Haftstrafe über sechs Monate verurteilt wurde, musste zu 86 Prozent gehen.
Im Sommer 2018 diskutierte die Schweiz schon einmal über zu wenige Ausschaffungen. Für den ehemaligen FDP-Ständerat Philipp Müller (67) war die Sache damals klar: Schuld daran, dass so wenige kriminelle Ausländer die Schweiz verlassen müssen, sind die Staatsanwälte. Denn sie würden viele Verurteilungen per Strafbefehl erledigen – weil es weniger Aufwand verursacht. Und per Strafbefehl dürfen laut Gesetz keine Landesverweise ausgesprochen werden.
Müller wollte das ändern – und reichte einen Vorstoss ein, der verlangte, dass immer ein Strafgericht beurteilen müsse, ob ein Landesverweis angezeigt sei. Das Parlament stimmte dem zu.
Nur: Wie eine Analyse des Bundes zeigt, ist dieser Zusammenhang statistisch sehr klein. So gibt es mehrere Kantone, in denen nur selten zum Strafbefehl gegriffen wird – die aber dennoch eine geringe Ausschaffungsquote haben. Das Bundesamt für Statistik erklärt sich den Zusammenhang viel eher dadurch, dass Strafbefehle nur bei vergleichsweise leichten Straftaten ausgesprochen werden können. Bei diesen Delikten ist viel häufiger ein Härtefall gegeben, weil eine Ausschaffung aus Sicht der Gerichte unverhältnismässig wäre.
Im Sommer 2018 diskutierte die Schweiz schon einmal über zu wenige Ausschaffungen. Für den ehemaligen FDP-Ständerat Philipp Müller (67) war die Sache damals klar: Schuld daran, dass so wenige kriminelle Ausländer die Schweiz verlassen müssen, sind die Staatsanwälte. Denn sie würden viele Verurteilungen per Strafbefehl erledigen – weil es weniger Aufwand verursacht. Und per Strafbefehl dürfen laut Gesetz keine Landesverweise ausgesprochen werden.
Müller wollte das ändern – und reichte einen Vorstoss ein, der verlangte, dass immer ein Strafgericht beurteilen müsse, ob ein Landesverweis angezeigt sei. Das Parlament stimmte dem zu.
Nur: Wie eine Analyse des Bundes zeigt, ist dieser Zusammenhang statistisch sehr klein. So gibt es mehrere Kantone, in denen nur selten zum Strafbefehl gegriffen wird – die aber dennoch eine geringe Ausschaffungsquote haben. Das Bundesamt für Statistik erklärt sich den Zusammenhang viel eher dadurch, dass Strafbefehle nur bei vergleichsweise leichten Straftaten ausgesprochen werden können. Bei diesen Delikten ist viel häufiger ein Härtefall gegeben, weil eine Ausschaffung aus Sicht der Gerichte unverhältnismässig wäre.