So unterschiedlich schaffen die Kantone kriminelle Ausländer aus
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Kriminelle Ausländer:So unterschiedlich schaffen die Kantone aus

Härtefallklausel kommt oft zum Zug
So unterschiedlich schaffen die Kantone kriminelle Ausländer aus

Nach Annahme der Ausschaffungs-Initiative dürfen kriminelle Ausländer nur noch in Ausnahmesituationen in der Schweiz bleiben. Eigentlich. Denn die neusten Zahlen zeigen das Gegenteil. Zwischen den Kantonen gibt es riesige Unterschiede.
Publiziert: 20.07.2020 um 20:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.07.2020 um 21:55 Uhr
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Sermîn Faki

Luzern setzt den Volkswillen um: 54 Verurteilungen, die einen Landesverweis rechtfertigen, führten zu 49 Ausschaffungen – macht eine Quote von 90 Prozent. Doch nicht alle Kantone wenden die rechtliche Umsetzung der Ausschaffungs-Initiative so strikt an.

Zur Erinnerung: Die Ausschaffungs-Initiative der SVP verlangte, dass automatisch ausgeschafft werden muss, wer wegen bestimmter Delikte verurteilt wurde. Dazu gehören

  • vorsätzliche Tötungsdelikte,
  • Vergewaltigung oder anderere schwere Sexualdelikte,
  • Gewaltdelikte wie Raub,
  • Menschenhandel,
  • Drogenhandel,
  • Einbruchsdelikte,
  • Missbrauch von Leistungen der Sozialversicherungen oder der Sozialhilfe.

Derart Verurteilte sollten mit einem Landesverweis von 5 bis 15 Jahren belegt werden. Die Initiative wurde am 28. November 2010 mit knapp 53 Prozent vom Volk angenommen.

Die Härtefallklausel gibt den Richtern Freiheit

Seit 2016 ist das Gesetz dazu in Kraft – und gibt den Richtern, die die Ausschaffungen anordnen müssen, eine gewisse Handlungsfreiheit. Via Härtefallklausel können sie nämlich von einem Landesverweis absehen – etwa, wenn ein Ausländer hier geboren ist oder zumindest schon sehr lange hier lebt, wenn seine Familie hier ist, wenn seine Wiedereingliederung im Heimatland kaum gelingen dürfte oder aber wenn der Gesundheitszustand des Verurteilten eine Ausschaffung nicht zulässt.

Und davon machen die Kantone ordentlich Gebrauch, wie neue Zahlen des Bundesamts für Statistik zeigen. Schweizweit lag die Ausschaffungsquote im Jahr 2019 bei knapp 58 Prozent – nicht gerade viel.

Zürich schafft nicht mal die Hälfte aus

Und schaut man sich die einzelnen Kantone an, kommen riesige Unterschiede ans Licht. Luzern, Appenzell-Innerrhoden (Quote: 100 Prozent), aber auch Graubünden (82 Prozent), Glarus (80 Prozent) und Genf (79 Prozent) schaffen recht rigoros aus. In anderen Kantonen können kriminelle Ausländer mit Milde rechnen. So in Freiburg (37 Prozent), Jura (36 Prozent), Wallis (33 Prozent) und Neuenburg (22 Prozent). Auch Zürich schafft mit 45 Prozent nicht einmal die Hälfte aller Verurteilten aus.

Dabei hatten die Parteien bei der Umsetzung der Initiative versprochen, dass diese «pfefferscharf» ausfallen werde. Die Härtefallklausel werde nur auf etwa fünf Prozent der kriminellen Ausländer angewendet werden können, hiess es damals.

SVP will Klausel abschaffen

Das ruft nun die SVP auf den Plan, die die Härtefallklausel schon mehrfach kritisiert hat: Am Mittwoch will sie in einer Medienkonferenz aufzeigen, wie sie dieser «Arbeitsverweigerung» der Richter begegnen will. «Es ist skandalös, wie die Justiz den Volkswillen missachtet, indem sie diese Täterschutzklausel exzessiv anwendet», heisst es in der Einladung.

SVP-Nationalrat Gregor Rutz (47) hat gegenüber dem «Tages-Anzeiger» bereits angekündigt, in der kommenden Session einen Vorstoss einzureichen, der die Abschaffung der Härtefallklausel fordert. Im vergangenen Jahr war er im Parlament mit der Forderung noch gescheitert.

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