Gab man am Freitag um 11 Uhr von einem Schweizer Computer bei Google den Suchbegriff «Corona» ein, erschienen zuoberst auf der Seite drei Artikel aus Schweizer Medien: einer aus dem «Tages-Anzeiger» über die Steiner-Schule, die nach einem Covid-Ausbruch schliessen musste, einer aus der «NZZ» zum Thema Booster-Impfungen und einer aus dem Blick, der zeigt, wie andere Länder die vierte Welle gebrochen haben.
Nur Giganten profitieren
News-Boxen heissen diese Gefässe mit Presseartikeln – und dass sie so prominent bei Google erscheinen, hat damit zu tun, dass der Internet-Gigant für seine Kunden ein vertrauenswürdiger Absender sein will. Darum platziert er Berichte von traditionellen Medien prominent auf der Seite. Die Vertrauenswürdigkeit, die Google damit ausstrahlt, zahlt sich für den Internet-Giganten aus: in Form von Werbeeinnahmen.
Es lohnt sich allerdings nur für Google. Die Journalisten, die die Artikel geschrieben haben, und deren Arbeitgeber, die Verlage, gehen leer aus. Das müsse sich ändern, findet Justizministerin Karin Keller-Sutter (57): «Es ist ein Problem, dass Inhalte, die von Medien produziert werden, auf Plattformen angeboten werden, ohne dass sie dies abgelten», sagte die FDP-Bundesrätin am Rande der Verleihung der Swiss Digital Economy Awards am Donnerstagabend in Zürich. «Man kann nicht einfach Produkte, die man nicht selbst hergestellt hat, kostenfrei zur Verfügung stellen.»
Eigentum schützen
Keller-Sutter spricht sich damit für ein Gesetz aus, das sicherstellt, dass Google und Co. die Medien angemessen entschädigen müssen, wenn sie deren Inhalte weiterverbreiten. «Ein liberaler Staat schützt das Eigentum – und geistiges Eigentum ist auch Eigentum», so die Bundesrätin. Ihr schwebt ein Leistungsschutzrecht vor, wie es EU-Staaten kennen.
Die Schweizer Verleger wird das freuen. Sie fordern solche Abgeltungen schon länger. Der Verlegerverbands-Präsident und Präsident der TX Group, Pietro Supino (56), nannte das Leistungsschutzrecht «das wichtigste Thema für die Zukunft des Journalismus und der Medienvielfalt in der Schweiz».
Auch Marc Walder (56), CEO der Ringier AG, die auch Blick herausgibt, sagte kürzlich in der «NZZ am Sonntag»: «Medien sollten für die Nutzung ihrer Inhalte fair entschädigt werden von Google und Facebook.» Ihm schwebt vor, dass die Internetkonzerne etwa zehn Prozent des Gewinns an die Verlage abliefern müssen, den sie hierzulande erwirtschaften. Das wären allein von Google rund 100 Millionen im Jahr.
Deutsche wollen elf Prozent
Dass das funktionieren kann, zeigt ein Blick ins Ausland: Gestützt auf eine EU-Richtlinie erarbeiten verschiedene Staaten Leistungsschutzgesetze – in Deutschland ist ein solches bereits im Juni in Kraft getreten. Dort verhandeln die Verlage nun über die Höhe der Entschädigung. Die Verlage verlangen elf Prozent. In Frankreich haben sich die Medien zumindest mit Facebook bereits geeinigt – in welcher Höhe die Abgeltung liegt, ist geheim.
Die vier grossen Schweizer Verlage TX Group, CH Media, NZZ und Ringier wollen für alle Schweizer Medien Abgeltungen aushandeln. Sie haben dafür eine Allianz gegründet. Ohne gesetzliche Grundlage, so Ringier-CEO Walder, werde das aber schwer. Mit dem Support von Keller-Sutter sieht es nun besser aus.