Herr Glättli, im Verteidigungsdepartement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin brennt es lichterloh: Spionageangriff auf die Ruag, Bauland-Skandal, Bodluv-Debakel und Kotz-Brotz-Affäre um Armeechef Blattmann. Parmelin ist seit gut vier Monaten im Amt. Welche Note geben Sie ihm?
Balthasar Glättli: Für eine Note ist es noch zu früh. Das Zwischenzeugnis ist aber sehr mässig. Parmelins Start im VBS war sehr holperig. Er musste von Beginn weg als Krisenmanager auftreten – und nicht mit einer strategischer Vision. Er hat aber auch das Problem, dass er nicht seinen Vorgänger und Parteikollegen, Ueli Maurer, für Fehler verantwortlich machen kann. Da hatte es Maurer einfacher: Er konnte alle Altlasten dem im abtrünnigen BDP-Bundesrat Samuel Schmid in die Schuhe schieben.
Der Verteidigungsminister ist vor allen in Krisensituationen gefragt. Bewährt sich Parmelin denn als Krisenmanager?
Bislang nicht. Man hat das ungute Gefühl, er hat die Zügel nicht in der Hand. Er agiert nach der «Salami-Methode». Er musste bei der Bauland-Affäre stets neue Fakten nachschieben und seine Schuld stückchenweise eingestehen – zum Teil erst nach Rücksprache mit seinem Anwalt. Ich hätte von ihm mehr politische Sensibilität erwartet. Dieselbe Strategie wählte er auch bei der geplanten Beschaffung des Fliegerabwehrsystems Bodluv.
Was machte er da konkret falsch?
Mittlerweile ist die Beschaffung abgebrochen – endlich. Doch auch da hat ihm Mut und Entschlossenheit gefehlt, frühzeitig den Stecker zu ziehen. Nach ersten Medienberichten über die Schwachstellen von Bodluv reagierte Parmelin nicht. Dann hakte die «Rundschau» nach. Aber auch da sistierte er das Projekt zuerst. Erst später stoppte er es. Auch hier agierte Parmelin mehr als «Salamitaktik-Minister» statt als Krisenmanager. Er scheint mehr getrieben – statt zu agieren. Mein Fazit: Parmelin muss seine Rolle im Bundesrat noch finden. Positiv formuliert: da hat’s noch viel Luft nach oben.
Cyberspione klauten im Winter 2014 mutmasslich hochsensible Daten vom Rüstungskonzern Ruag – der Nachrichtendienst merkte nichts. Dies war jedoch vor der Zeit Parmelins – dennoch muss er nun den Brand löschen.
Hier kann Parmelin jetzt zeigen, dass er ein guter Krisenminister sein kann. Er muss nun rasch für Klarheit sorgen, welche Daten in falsche Hände geraten sind. Und er muss dringend die Cybersicherheit bei der Armee verbessern.
Hat Parmelin bislang etwas richtig gemacht?
Den anständigen Abgang von Armeechef André Blattmann eingeleitet. Dass dieser mit deplatzierten Äusserungen seinen Abgang womöglich selbst beschleunigt – dafür kann Parmelin nun wirklich nichts!
Parmelin hat aus Ihrer Sicht bislang also alles falsch gemacht – ausser den Rauswurf Blattmanns?
Zumindest in der Öffentlichkeit hat man ihn bisher nur im Zusammenhang mit Problemen wahrgenommen.