Freiwillige Corona-Zertifikate am Pranger
Junge SVP startet Diskriminierungs-Karte

Die junge SVP will mit einer Diskriminierungs-Karte gegen freiwillige Corona-Zertifikate vorgehen. Trotz vielen Hinweisen ist sie bislang allerdings leer.
Publiziert: 08.07.2021 um 17:49 Uhr
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Aktualisiert: 08.07.2021 um 18:06 Uhr
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«Ziel ist es, zu verhindern, dass Unternehmen freiwillig Ungeimpfte diskriminieren», sagt JSVP-Präsident David Trachsel.
Foto: Keystone
Aline Leutwiler

Die Junge SVP will Betriebe an den Pranger stellen, die für den Eintritt freiwillig ein Covid-Zertifikat von ihren Gästen verlangen. Der Bundesrat, aber auch die gesetzlich verankerte Gewerbefreiheit, ermöglichen das beispielsweise Gastwirten.

Das passt der Jungen SVP jedoch gar nicht: «Ziel ist es zu verhindern, dass Unternehmen freiwillig Ungeimpfte diskriminieren», indem sie das Covid-Zertifikat verlangten, obwohl es dazu keine Pflicht gibt, wie Jungparteipräsident David Trachsel (26) sagt.

Bislang betreibt die JSVP ihre Website aber mit wenig Erfolg: Der Internet-Pranger ist noch immer leer. Noch hat die Jungpartei offenbar niemanden gefunden, der sicher auf ein Zertifikat seiner Gäste besteht. Möglich wäre dies nicht nur den Beizen, auch Bars, Freizeitparks und Heime können von den Kunden Nachweise verlangen, dass sie nicht ansteckend, sondern geimpft, genesen oder negativ getestet sind.

Obligatorisch ist ein solches Corona-Zertifikat jedoch beispielsweise bereits für Flugreisen. Eben bestätigte die EU, dass sie das Schweizer Zertifikat zum Reisen anerkenne. Doch wenn das Zertifikat zum Fliegen benutzt wird, stört das die Jungpartei offenbar nicht. Zudem verlangen verschiedene Länder schon seit Jahrzehnten bestimmte Impfungen, ohne die man diese Staaten nicht bereisen darf. Auch das ist nicht Thema.

Aus Wirtschaftskreislauf ausschliessen

In den Augen der Jungen SVP machen Gastwirte und Betreiber von Freizeitparks nicht einfach von ihrem Recht Gebrauch, sich und die anderen Gäste vor einer Ansteckung zu schützen, wenn sie das Zertifikat in ihrem Unternehmen zur Pflicht erklären. Für die Jungpartei findet damit eben eine «Diskriminierung» statt. Darum ist sie der Meinung: «Wer auf unnötige Weise dazu beiträgt, Menschen aus dem gesellschaftlichen Leben und dem Wirtschaftskreislauf auszuschliessen, soll dafür auch hin stehen und benannt werden dürfen.»

Darum will die JSVP jede Meldung sorgsam prüfen und falls sich ein Fall bestätige, auf ihrer Diskriminierungskarte vermerken.

«Wollen Mut machen»

Die Jungpartei findet nicht, dass sie mit ihrem Vorgehen Firmen Schaden zufügen könnte: «Wir arbeiten damit nicht gegen Unternehmen, sondern machen ihnen Mut, die gesamte Kundschaft zu bedienen und damit ungeniert den vollen Umsatz zu machen», findet Trachsel.

Dennoch anerkennt die JSVP nicht, dass niemand gezwungen ist, ein Restaurant mit Zertifikatspflicht zu besuchen. Denn jeder kann eine Beiz ohne Nachweis-Pflicht wählen. Schliesslich bilden diese die überwiegende Mehrheit: Die Website gibt es nämlich schon seit Ende Juni. Bekannt gemacht hat die Junge SVP sie Anfang Juli. «Am selben Abend sind die ersten zehn Meldungen eingetroffen», behauptet Trachsel. Diesen wolle er nun nachgehen.

Bis Redaktionsschluss war aber noch kein Fall auf der Webseite aufgeführt. Die Junge SVP stellt in Aussicht, bald die ersten Firmen an den Pranger zu stellen.

Trachsel weist Mitschuld von sich

Und was geschieht, wenn ein Gastrounternehmer, den die Jungpartei auf ihrer Pranger-Seite vermerkt hat, plötzlich Drohungen erhält oder ihm die Scheiben eingeschlagen werden? Trägt die Junge SVP dann nicht eine gewisse Mitschuld an der Reaktion?

Trachsel winkt ab: «Wir rechnen nicht damit. Unsere Bewegung ist sehr friedlich», sagt der Jungparteipräsident nur.

Wirte haben keine Freude

Wenig begeistert vom Internet-Pranger ist der Restaurantverband Gastrosuisse. «Es gehört zur DNA des Gastgewerbes, dass die Branche für alle Menschen offen steht», heisst es auf Anfrage von Blick. Eine Umfrage habe ergeben, dass auch die meisten Betriebe das Zertifikat nicht verwenden möchten.

Aber Restaurants könnten sich gedrängt sehen, das Covid-Zertifikat anzuwenden, «weil andernfalls weiterhin kapazitätseinschränkende Auflagen gelten». Deshalb findet Gastrosuisse: «Aufgrund dieser Ausgangslage wäre es falsch, gastgewerbliche Betriebe an den Pranger zu stellen», sagt eine Verbandssprecherin. Man verfolge die Aktion der Jungen SVP aufmerksam.

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