Freie Uferwege – Fall Bern zeigt, wie lange die Umsetzung dauern kann
Nach über 40 Jahren fehlen noch immer 40 Kilometer

Eine Initiative will einen durchgängigen Uferweg am Zürichsee. Doch die Anwohner leisten Widerstand. Auch in anderen Kantonen bleibt der Weg entlang des Wassers auf der Strecke – obwohl es dort schon gesetzliche Regelungen gibt.
Publiziert: 19.02.2024 um 00:23 Uhr
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Aktualisiert: 19.02.2024 um 02:58 Uhr
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Der Kanton Zürich stimmt am 3. März über einen durchgehenden Uferweg am Zürichsee ab.
Foto: keystone-sda.ch
Céline Zahno

Am Zürichsee gehen Anwesen für bis zu 50 Millionen Franken weg. Die Quadratmeter direkt am Wasser gehören zu den teuersten der Schweiz. Aber in Zürich soll Schluss sein mit dem ungestörten Seezugang. Zumindest fordert das die Uferweg-Initiative, über die das Zürcher Stimmvolk am 3. März abstimmen wird.

Der See sei für alle da, sagt Julia Gerber Rüegg (66). Sie ist der Kopf des Initiativ-Komitees. Darum fordert sie einen durchgängigen Uferweg bis spätestens 2050. Die Villen sind ihr bei dieser Forderung buchstäblich im Weg – wo nötig, sollen die Seeanwohner enteignet werden.

Das löst in Teilen der Bevölkerung Unmut aus. Ein öffentlicher Weg über Grundstücke von Privatbesitzern würde die Rechtsstaatlichkeit untergraben, so das Argument des Nein-Komitees. Die Gegner halten auch die hohen Kosten für unverhältnismässig. Bei einer Enteignung müssten die Liegenschaftsbesitzer entschädigt werden. Laut Zürcher Regierungsrat kostet das rund eine halbe Milliarde Franken.

Robert Merz teilt seinen Uferweg gerne
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Beispiel aus dem Aargau:Robert Merz teilt seinen privaten Uferweg am Hallwilersee gerne

Langsame Umsetzung in Bern

Der Kanton Bern kennt bereits eine ähnliche Regel wie diejenige, über die Zürich abstimmt. Die Bevölkerung hat 1982 Ja gesagt zu einem Gesetz, das explizit einen durchgehenden Weg unmittelbar am Wasser fordert. Über 40 Jahre später ist klar: Die Umsetzung hinkt hinterher. Insgesamt wurden 470 Kilometer Uferwege frei zugänglich gemacht. Doch 40 Kilometer fehlen noch, wie der Kanton 2022 schrieb. Am Bielersee und am Thunersee sind zum Beispiel noch rund ein Drittel des Ufers privat verbaut, wie Daten von Blick und Hochparterre zeigen.

Vinelz BE ist eine der am meisten verbauten Gemeinden am Bielersee: An rund 80 Prozent des Seeanstosses gibt es keinen öffentlichen Zugang. Laut Damian Gnägi, Gemeindeverwalter von Vinelz, sind momentan weder planerische noch bauliche Arbeiten in Gange. Die Umsetzung habe keine Priorität, wegen «fehlenden finanziellen und personellen Ressourcen». Ausserdem könne erwartet werden, dass die Anwohner mit direktem Seezugang massiven Widerstand leisten würden. «Langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen sind sehr wahrscheinlich», so Gnägi zu Blick.

Auch in Hilterfingen BE am Thunersee ist man noch nicht so weit, «aufgrund fehlender Kapazitäten», sagt Gemeindepräsident Gerhard Beindorff. Erste Umsetzungsschritte waren ursprünglich für 2021 angedacht und wurden dann «wegen einer vertraglichen Frist mit einer Erbengemeinschaft» auf 2026 verschoben. Die gerichtlichen Auseinandersetzungen bezüglich der Wegführung sind zwar schon passé, aber die Umsetzung sei noch immer schwierig: «Als Gemeinde hat man immer viele Projekte am Laufen», so Beindorff. Die Gemeinde habe sich zwischen Prioritäten entscheiden müssen – das neue Schulhaus wurde als dringlicher erachtet.

Beindorff betont, wie viel Hilterfingen für ein attraktives Seeufer schon unternommen habe, und zählt eine ganze Reihe von Aufwertungsarbeiten auf. «Jetzt fehlt noch das Stück Seeuferweg. Das kommt auch noch, einfach nicht gerade jetzt.»

Es würde lange dauern

Somit ist klar: Selbst wenn die Zürcher Initiative durchkommt, bis Julia Gerber Rüegg rund um den Zürichsee spazieren kann, dürfte es noch lange dauern.

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