Die Zeit drängt. 2019 war der CO₂-Ausstoss hierzulande erst 14 Prozent tiefer als 1990. Damit verpasst die Schweiz ihre Etappenziele. Mit dem neuen CO₂-Gesetz, über das wir am 13. Juni abstimmen, wollen Bundesrat und Parlament deshalb Gas geben.
Das neue Gesetz enthält drei Hauptelemente: zusätzliche Umweltabgaben, verschärfte Vorschriften für Gebäude und Fahrzeuge sowie einen Ausbau der Subventionen über einen «Klimafonds».
Um den Klimawandel zu bremsen, werden wir vermehrt zur Kasse gebeten – allerdings unterschiedlich stark. Weil es sich dabei aber teilweise um Lenkungsabgaben handelt, fliesst ein Teil des Geldes wieder an die Bevölkerung zurück. Heisst: Wer klimafreundlich abschneidet, kann auch profitieren.
Drei Punkte sind entscheidend: Welches Auto fahre ich? Wie oft fliege ich? Und wie heize ich? Blick zeigt anhand fiktiver Beispielen, wer wie viel bezahlt und wer wie viel erhält.
Wer viel fliegt, zahlt auch viel
Teuer werden kann es für jene, die gerne in die Ferien fliegen. Das Gesetz sieht eine abgestufte Flugticketabgabe für Flüge aus der Schweiz vor: Für Kurzstreckenflüge nach Spanien oder Schweden wird in der Economyklasse eine Abgabe von 30 Franken erhoben. Für Mittelstrecken etwa in die Türkei sind es 60 Franken und für Langstrecken 90 Franken. Wer in einer teureren Reiseklasse fliegt, zahlt nochmals 30 Franken obendrauf.
Nehmen wir das Beispiel von Familie Baumgartner aus Reinach BL. Die Eltern wollen mit Tochter und Sohn im Herbst für eine Woche nach London. Je nach Anbieter müssen sie in der Economy für Hin- und Rückflug rund 240 Franken zahlen. Neu käme eine Abgabe von total 120 Franken hinzu – immerhin etwa 50 Prozent mehr.
Anders sieht es bei Philipp Bucher aus. Er hat eine Anwaltskanzlei in Zürich und ist geschäftlich viel unterwegs – in der Businessklasse. Alleine für vier USA-Flüge im Jahr muss Bucher je 120 Franken extra zahlen – 480 Franken.
Und dann haben wir noch Maja Keller aus Luzern. Sie studiert an der Uni Luzern Wirtschaftswissenschaften, engagiert sich bei den Grünen und fliegt aus Prinzip nicht. Ergo muss sie auch keine Abgabe zahlen.
Der Bund will die Abgabe direkt bei den Fluggesellschaften erheben. Um weiter attraktive Preise anbieten zu können, dürfen diese den Abgabesatz um 20 Prozent reduzieren. Das aber nur, wenn sie ihren CO₂-Ausstoss deutlich vermindern, zum Beispiel durch die Beimischung erneuerbarer Flugtreibstoffe.
Wer mehr Auto fährt, zahlt auch mehr
Auch Autofahrer müssen tiefer in die Tasche greifen. Volltanken wird je nach Tankgrösse etwa eine Zehnernote mehr kosten. Bis 2024 könnten sich Benzin und Diesel um zehn Rappen verteuern. Ab 2025 soll der Preis sogar um zwölf Rappen steigen. Die Mehrkosten hängen also stark von Fahrzeugtyp und Fahrverhalten ab.
Familie Baumgartner hat einen Mittelklassewagen mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 6,08 Litern auf 100 Kilometer. Pro Jahr sind sie damit rund 12’500 Kilometer unterwegs. Steigt der Benzinpreis um zwölf Rappen, muss die Familie jährlich rund 90 Franken mehr zahlen.
Im Vergleich dazu Anwalt Bucher: Sein Sportwagen verbraucht etwa acht Liter. Damit ist er im Jahr etwa 20’000 Kilometer unterwegs. So kommt ihn die Preiserhöhung teurer zu stehen. Bucher müsste pro Jahr fast 200 Franken mehr zahlen.
Studentin Keller dagegen kann gar nicht Autofahren. Logischerweise muss sie auch keine CO₂-Abgabe zahlen.
Umweltministerin Simonetta Sommaruga (60) versucht zu entwarnen. Bisher seien solche Maximalbeträge auch nicht ausgeschöpft worden. Tatsächlich: Der Aufschlag auf Benzin und Diesel könnte schon heute fünf Rappen betragen – er liegt aber bei zwei.
Wer mit Öl oder Gas heizt, muss zahlen
Auch Wohnen kann teurer werden. Der Bund will auch bei den Gebäuden die Abkehr von Erdöl und Gas vorantreiben. Neubauten dürfen gar keine fossilen Brennstoffe mehr nutzen. Und wer seine alte Ölheizung ersetzen muss, soll auf erneuerbare Systeme umsteigen – mit Unterstützung des Bundes. Allerdings: Niemand kann genau sagen, welche Folgen das auf die Mieten haben wird.
Gleichzeitig würden bereits bestehende Lenkungsabgaben erhöht. So beträgt die CO₂-Abgabe auf fossilen Brennstoffen wie Heizöl, Erdgas oder Kohle derzeit 96 Franken pro Tonne CO₂, die Obergrenze liegt bei 120 Franken. Bis ins Jahr 2028 könnte sie auf maximal 210 Franken steigen. Beim Heizöl würde die Lenkungsabgabe so von maximal 30 auf höchstens 50 Rappen pro Liter steigen.
Unser Rechenbeispiel: Familie Baumgartner lebt in einer viereinhalb-Zimmer-Wohnung mit 128 Quadratmetern. Im Schnitt verbraucht eine Ölheizung acht Liter pro Quadratmeter Wohnfläche. Mit der Abgaben-Erhöhung müssen Baumgartners mit Mehrkosten von rund 200 Franken rechnen.
Hier kommt auch Studentin Keller nicht mehr gratis weg. Denn sie wohnt mit zwei Freundinnen in einer Altbau-WG mit Ölheizung. Die Wohnung hat 75 Quadratmeter nach derselben Rechnung wie bei Familie Baumgartner müssen die drei insgesamt mit Mehrkosten von 120 Franken rechnen. Studentin Keller muss ein Drittel beitragen, also 40 Franken. Hätte ihr Haus wie jenes von Anwalt Bucher eine Wärmepumpe, dann müsste sie ebenfalls gar keine Abgabe zahlen.
Nur: Ein klimafreundliches Heizsystem ist nicht gratis. Die Kosten für den Ersatz einer alten Ölheizung sind allerdings nur schwer vergleichbar. Wird sie erneut durch eine Ölheizung ersetzt, können sich die Kosten je nach Aufwand von 7000 bis über 20’000 Franken betragen. Eine günstige Gasheizung kommt auf etwa 22’500 Franken zu stehen.
Im Vergleich dazu sind die Investitionskosten für CO₂-neutrale Heizsysteme teilweise höher. Eine Wärmepumpe etwa ist ab rund 32’000 zu haben. Aber: Über ihre gesamte Nutzungsdauer sind diese dank tieferer Energiekosten oft günstiger. Gleichzeitig werden Hausbesitzer bei Investitionen in CO₂-freie Heizungen aus dem Klimafonds unterstützt.
167 Franken pro Kopf fliessen zurück
Was aber bleibt unter dem Strich? Aus CO₂- und Flugticketabgaben dürften etwa 2,5 Milliarden Franken zusammenkommen. Davon soll rund eine Milliarde in einen Klimafonds fliessen, womit unter anderem Gebäude energetisch saniert werden sollen.
Rund 1,2 Milliarden Franken sollen via Abzug von der Krankenkassenrechnung zurück an die Bevölkerung fliessen – das Bundesamt für Umwelt rechnet mit rund 167 Franken pro Kopf. Das wären bei einer vierköpfigen Familie 668 Franken. Nochmals gegen 400 Millionen Franken dürften an die Unternehmen via AHV-Ausgleichskassen zurückfliessen. So wollen Bundesrat und Parlament klimafreundliches Verhalten belohnen.