Fehlende Affenpocken-Impfung
Schwule fordern Ausrufung der «besonderen Lage»

Bereits über 330 Fälle von Affenpocken wurden gemeldet. Dennoch sind in der Schweiz weder Impfung noch Medikamente da. Der Verband Pink Cross verliert die Geduld.
Publiziert: 09.08.2022 um 17:17 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2022 um 09:43 Uhr
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In der Schweiz ist noch immer kein Affenpocken-Impfstoff verfügbar.
Foto: imago/Steinach

Vor mehr als zwei Monaten wurde der erste Affenpocken-Fall in der Schweiz entdeckt. Seither haben sich über 330 weitere Personen infiziert. Da keine Tests verfügbar sind, muss mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden. Betroffene tragen zum Teil bleibende Schäden davon.

In den EU-Staaten sind Impfung und Medikamente schon länger verfügbar. Auch in Kanada und den USA kann man sich bereits kostenlos und unbürokratisch impfen lassen.

Nicht so in der Schweiz: Hier ist der Affenpocken-Impfstoff nicht zugelassen. Der Bundesrat hat zwar angekündigt, die Möglichkeiten einer zentrale Beschaffung zu prüfen. Doch passiert ist bisher nichts. Mediziner oder Apotheken könnten theoretisch im Ausland zugelassene Medikamente importieren und einsetzen. Nicht einmal die grössten Kantone erreichen die nötige Mindestbestellmengen für das Affenpocken-Vakzin. Einzig der Bund könnte die erforderlichen Mengen erwerben.

Es brauche die «besondere Lage»

«Es ist unklar, ob die Behörden lediglich im Bürokratie-Sumpf stecken oder ob die Gesundheit von schwulen, bisexuellen und queeren Männern tatsächlich keine Priorität hat», sagt Roman Heggli (31) von Pink Cross, dem Verband für schwule, bisexuelle und queere Männer. «Wichtig ist, dass nun endlich gehandelt wird.» Konkret fordert der Veband, dass der Bundesrat die besondere Lage ausrufe. Diese galt lange wegen der Corona-Pandemie und würde der Regierung mehr Kompetenzen verleihen. Aus Sicht von Pink Cross sind die Voraussetzungen für die Ausrufung der besonderen Lage gegeben. Ob das allerdings im vorliegenden Fall einen Mehrwert bringen würde, ist fraglich.

Die Weltgesundheitsorganisation hat wegen der Affenpocken bereits eine internationale Gesundheitsnotlage ausgerufen. Bisher ist die Infektionskrankheit auch in der Schweiz besonders unter Männern verbreitet, die mit Männern Sex haben. Viele Schwule fühlen sich vom Bund im Stich gelassen und sind frustriert.

Deshalb hat Pink Cross nun eine Petition gestartet. Auch von Seiten der Politik gibts Druck auf den Bundesrat. SP-Nationalrat und Arzt Angelo Barrile (45) kündigte vergangene Woche im Blick an, sich persönlich beim Bundesamt für Gesundheit dafür einzusetzen, dass der Bund den Affenpocken-Impfstoff beschafft. (tom)

Das musst du über das Affenpocken-Virus wissen

Die Fälle von Affenpocken häufen sich in Europa wie auch in den USA und Kanada. Weltweit wird zur Wachsamkeit aufgerufen, in der Schweiz zeigt man sich noch nicht besorgt. Blick beantwortet die drängendsten Fragen zum Thema.

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