Politiker machen Druck wegen Affenpocken-Ausbreitung
Wer ist schuld am Impfstoff-Mangel in der Schweiz?

Es gäbe einen Impfstoff, um die Ausbreitung der Affenpocken aufzuhalten. Dass er in der Schweiz nicht verfügbar ist, dafür schieben sich Bund und Impfstoff-Hersteller gegenseitig die Verantwortung zu. Nun machen auch Politiker Druck.
Publiziert: 04.08.2022 um 19:53 Uhr
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Die Affenpocken breiten sich in der Schweiz aus. Unter schwulen Männern wächst die Besorgnis.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
Lea Hartmann

Unter schwulen Männern sorgt die Verbreitung der Affenpocken für Verunsicherung. Inzwischen wurden über 300 Fälle der Infektionskrankheit in der Schweiz registriert, wobei sie sich bislang besonders unter Männern ausbreitet, die Sex mit Männern haben. Laut Ärzten gibt es Hinweise, dass manche Personen gar nicht merken, dass sie das Virus in sich tragen – was es schwieriger macht, die Ausbreitung des Virus zu kontrollieren.

Checkpoint Zürich, ein Gesundheitszentrum für queere Personen, ist alarmiert. Bei der Organisation kommen täglich drei bis fünf Betroffene vorbei. Sie leiden unter anderem an einem schmerzhaften Hautausschlag, haben geschwollene Lymphknoten oder Entzündungen im Genitalbereich. Es gäbe eine Impfung, die das Risiko einer Ansteckung massiv mindern würde. Doch in der Schweiz – anders als in den EU-Staaten – ist diese bis heute nicht verfügbar.

«Es muss endlich vorwärtsgehen»

Nachdem Checkpoint Zürich vergangene Woche einen Appell an Gesundheitsminister Alain Berset (50) lanciert hat, machen nun auch Politiker Druck. «Es muss endlich vorwärtsgehen», sagt Angelo Barrile (45). Der SP-Nationalrat ist Arzt und hat eben erst selbst einen Patienten behandelt, der sehr wahrscheinlich an den Affenpocken erkrankt ist. «Als Arzt ärgert es mich sehr, wenn ich weiss, dass man einem Patienten helfen und sein Umfeld mit einer Impfung schützen könnte, das aber nicht tun kann.» Barrile kündigt an, sich nun persönlich beim BAG dafür einzusetzen, dass man rasch eine Lösung findet.

Das Bundesamt für Gesundheit prüft laut eigenen Angaben die zentralisierte Beschaffung des Impfstoffs Imvanex. Wie aktiv man sich tatsächlich bemüht, bleibt offen. Das BAG sieht vorderhand den Impfstoff-Hersteller in der Verantwortung. Das dänisch-deutsche Pharmaunternehmen Bavarian Nordic hat bisher keinen Zulassungsantrag für den Affenpocken-Impfstoff in der Schweiz gestellt. Und im Gegensatz zu anderen Ländern ist in der Schweiz keine Notzulassung möglich.

Hinzu kommt, dass es derzeit auch nicht möglich ist, dass Kantone oder Arztpraxen selbst Dosen organisieren. Denn Bavarian Nordic ist derzeit nur bereit, grössere Mengen zu liefern. Auch das Affenpocken-Medikament Tecovirimat ist in der Schweiz nicht zugelassen.

Die Schweiz sei selbst schuld

FDP-Nationalrat Damien Cottier (47) macht dem Bund ebenfalls Dampf. «Ich denke, es ist eine berechtigte Forderung, dass Betroffene auch in der Schweiz schnell an den Impfstoff gelangen.» Das BAG müsse rasch die entsprechenden Schritte einleiten und nach Wegen suchen, um an Impfstoff zu kommen.

Die einfachste Lösung wäre, dass Bavarian Nordic auch in der Schweiz ein Zulassungsgesuch stellt. Ob das Unternehmen das vorhat? Dazu äussert sich ein Firmensprecher auf Blick-Nachfrage nicht. Die Pharmafirma weist die Verantwortung für den fehlenden Impfstoff in der Schweiz aber von sich – die Schweiz ist aus ihrer Sicht selbst Schuld am Impfstoff-Problem.

«Die Verfügbarkeit unseres Impfstoffs hängt nicht allein vom Zulassungsstatus ab», betont der Sprecher. Als Reaktion auf den aktuellen Affenpocken-Ausbruch haben man mehrere Verträge mit Ländern geschlossen, deren Regierungen Ausnahmen beschlossen hätten, um einen schnelleren Zugang zum Impfstoff zu gewährleisten. Die Schweiz gehört nicht dazu.

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