Nationalratspräsidentin Irène Kälin (35) ist vom Bundesamt für Polizei (Fedpol) schwer enttäuscht. Dieses ist für die Sicherheit der höchsten Schweizerin verantwortlich – wenn sie zum Beispiel eine Künstlerbörse in Thun BE besucht. Was aber, wenn Kälin wie am Mittwoch ins ukrainische Kriegsgebiet reist?
Pustekuchen! Das Fedpol hat der Grünen nicht nur von der Reise nach Kiew abgeraten. Als sich Kälin dennoch für die Reise entschied, verweigerte ihr das Fedpol den Schutz. «Es hat sich aktiv entschieden, mich nicht zu begleiten» sagt Kälin. «Ich muss sagen, ich habe das mit einem gewissen Befremden zur Kenntnis genommen.»
Dafür «weder ausgerüstet noch ausgebildet»
Kommt hinzu: Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu (66) hat eben damit gedroht, «jederzeit» bereit zu sein, die Ukraine zu bombardieren: «Bei solchen Massnahmen wäre es für Russland nicht unbedingt ein Problem, wenn Vertreter bestimmter westlicher Länder in diesen Entscheidungszentren anwesend wären.»
Gestützt darauf habe das Fedpol von der Reise abgeraten und entschieden, «keine zivilen Polizeikräfte, die für einen Einsatz im Kriegsgebiet weder ausgerüstet noch ausgebildet sind, mitzuentsenden». Solche Einsatzkräfte habe nur die Armee. Zudem seien bei einem Besuch im Ausland grundsätzlich die Behörden des Gastgeberlandes für die Sicherheit der Schweizer Delegation verantwortlich.
Kälin hätte sich auch Sondereinheit vorstellen können
«Ich respektiere das», kommentiert Nationalratspräsidentin Kälin. Ihr sei es wichtig gewesen, dass sie nur von Menschen in die Ukraine begleitet werde, die dabei auch ein gutes Gefühl hätten. «Und offenbar hatten unsere Sicherheitskräfte kein gutes Gefühl dabei.»
Und so sei sie nun im Ausland plötzlich alleine, kommentiert Kälin. Sie hätte sich denn auch vorstellen können, von einer Sondereinheit der Armee begleitet zu werden – die Spezialtruppe AAD-10 hatte bereits den Schweizer Botschafter Claude Wild (58) aus Kiew heraus evakuiert.
Beim Justizdepartement zeigt man sich hinter den Kulissen ziemlich genervt über die öffentliche Kritik der Nationalratspräsidentin. Kälin habe schliesslich ganz genau gewusst, dass die Polizei in Kriegsgebieten nicht zuständig sei. Dennoch aber sei es nie zur Anfrage an die Armee gekommen, was diese auf Anfrage bestätigt.
Letztlich aber haben die Querelen zu keinen Sicherheitsproblemen geführt. Sie fühle sich auch bei den ukrainischen Sicherheitskräften «in besten Händen», betonte Kälin. Sie sei sicher, dass diese nach bestem Wissen und Gewissen für die Sicherheit der Schweizer Delegation sorgten – so wie sie das schon bei anderen Delegationen getan hätten. «Das schätze ich sehr.» (dba)