Die Welt der Politik ist ein endloser Strudel: Debattieren, mit Journalisten telefonieren, Lobbyisten auf ein Glas Wein treffen – ein vollgepackter Alltag. Zu voll, findet FDP-Nationalrat Rocco Cattaneo (64): «Es braucht einen Raum der Stille und des Gebets.» Deshalb hat er einen entsprechenden Vorstoss eingereicht.
In den vergangenen vier Jahren sei die Hektik spürbar gestiegen, bedingt durch die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und steigende Prämien. «Auf den Parlamentariern lastet zunehmend Druck», sagt Cattaneo. Es brauche Atempausen, Momente des Innehaltens. Und: «Es fehlt dem Parlament an Spiritualität.»
Cattaneo, ein überzeugter Katholik, sieht in einem religionsübergreifenden Gebetsraum eine Möglichkeit, um vernünftigere Entscheide zu fällen. Denn ihm verleihe jeder Moment der Ruhe neue Impulse. Wenn es Cattaneo während der Session zu viel wurde, floh er jeweils in die nächstgelegene Kirche.
Ein Priester im Bundeshaus
Bisher gibt es in jeder Session im Bundeshaus eine Besinnung. «Diese zehn Minuten waren immer sehr intensiv und bereichernd», schwärmt Cattaneo. Dass es im Bundeshaus keinen Raum dafür gibt, findet er stossend. «Es gibt einen Raucherraum, ein Zimmer für stillende Mütter, aber wo hat die Spiritualität Platz?»
So ein Raum helfe auch, um den Boden unter den Füssen nicht zu verlieren. Denn: «Alle Parlamentarier – mich einbegriffen – halten sich für wichtig.»
Seinen Vorstoss haben Parlamentarier aus SVP, Mitte, EVP und SP unterschrieben. Doch er selbst tritt bei den Wahlen nicht mehr an. Stimmen die zukünftigen Parlamentarierinnen zu, ist der Gebetsraum sein Abschiedsgeschenk ans Bundeshaus. (rba)