Der Bundesrat ist in seiner heutigen Form nicht mehr zeitgemäss. Dieser Meinung sind laut dem SRG-Wahlbarometer 58 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Die klare Mehrheit der Wahlbevölkerung wünscht sich eine andere parteipolitische Zusammensetzung. Heute entsenden die drei grössten Parteien SVP, SP und FDP je zwei Vertreter in den Bundesrat, die Mitte als viertstärkste Kraft noch eine Bundesrätin.
Am stärksten ist der Wunsch nach einer Änderung naturgemäss bei den Wählerinnen und Wählern der Grünen, deren Partei über die Zeit stark gewachsen und dennoch nicht im Bundesrat vertreten ist. Unter ihren Anhängern verlangen ganze 93 Prozent eine neue Zusammensetzung.
Doch auch die Mehrheit der SP-, GLP- und Mitte-Wähler schliesst sich diesem Wunsch an. Sogar bei der SVP fordern 42 Prozent, dass sich die Landesregierung anders zusammensetzt. Zufrieden mit dem Ist-Zustand ist eigentlich nur die Anhängerschaft der FDP – just jener Partei also, deren zweiter Sitz am stärksten im Fokus der Debatte ist.
Zusätzlicher Mitte-Links-Sitz
Doch welche Partei sollte wie stark im Bundesrat vertreten sein? Eine absolute Mehrheit für eines der vielen möglichen Modelle zeigt sich nicht. Am ehesten Unterstützung findet aber die Vorstellung, dass Mitte-links (SP, Grüne, GLP und Mitte) einen zusätzlichen Sitz auf Kosten von SVP und FDP erhalten soll. 26 Prozent der vom Forschungsinstitut Sotomo Befragten sprechen sich hierfür aus. Schliesslich kommt Mitte-links im aktuellen Wahlbarometer auf einen Wähleranteil von 51,2 Prozent.
20 Prozent (Mehrfachnennungen waren möglich) gaben ganz konkret an, dass die FDP einen Sitz abgeben solle, der dann an die Grünen ginge. Deutlich weniger Zuspruch (sechs Prozent) erhält die Version, in der die SP einen Sitz an die Grünen abgeben muss und sich sonst nichts ändert.
Blockdenken kommt nicht an
Ein selten diskutierter, rein bürgerlicher Bundesrat – die SP würde rausgeworfen – findet nur bei 13 Prozent der Wählenden Anklang. Doch das ist immer noch mehr als andere Varianten, die intensiver debattiert werden. Bei Politbeobachtern populär ist die Version, dass die Öko-Parteien Grüne und GLP je einen Sitz erhalten sollen auf Kosten von SP und FDP. Ihr wichtigstes Argument: So liessen sich die nicht mehr so kleinen Parteien einbinden, ohne die Machtblöcke zwischen Links und Rechts zu verschieben. Für diese Variante können sich jedoch nur zehn Prozent der Befragten erwärmen.
Wie stark die Diskussion um die Zusammensetzung des Bundesrats in den kommenden Wochen sein wird, hängt stark vom Ausgang der Wahlen ab. Fallen die Grünen unter die 10-Prozent-Marke, haben ihre Träume vom Bundesrat ein jähes Ende. Doch so oder so: Schon jetzt haben die bürgerlichen Parteien inklusive der Mitte klargemacht, dass sie an der bisherigen Bundesrats-Zusammensetzung nicht rütteln wollen.
Binden die Wählerinnen und Wähler die Öko-Parteien am Wahlsonntag aber tatsächlich so stark zurück, wie das aktuelle Wahlbarometer dies vorhersagt und lässt die Mitte die FDP tatsächlich hinter sich, könnte sich Mitte-Chef Gerhard Pfister (61) vom Wählerwillen doch plötzlich gezwungen sehen, entgegen anders lautender Beteuerungen, den zweiten Sitz der Freisinnigen zum Thema zu machen.