Es ist zwar schon lange her. Doch wie es sich anfühlte, mit dem Kampfjet auf einer Autobahn aufzusetzen, daran kann sich Hans Lässer (68) noch gut erinnern. «Es war, wie auf einem Teppich zu landen», erzählt der ehemalige Militärpilot. Im Gegensatz zu einem Militärflugplatz sei die Strasse ganz fein, es gibt keine Bodenwellen – «nichts hat gerumpelt», so Lässer.
Über 40 Jahre nach Lässers einmaliger Landung auf der A9 zwischen Aigle und Bex VD – und 33 Jahre nach der letzten solchen Übung – plant die Armee derzeit wieder Starts und Landungen auf der Autobahn. Schon im Sommer, so der Plan des Verteidigungsdepartements unter Bundesrätin Viola Amherd (61), soll ein Teilstück der A1 unmittelbar neben dem Militärflugplatz in Payerne VD zu Übungszwecken gesperrt werden. Darüber hat Blick berichtet.
Mehrere Abschnitte kommen infrage
Die Armee will für den Ernstfall proben: Im Krieg dürften die Flugplätze als eines der ersten Ziele bombardiert werden. Beim Bau der Autobahnen hat der Bund einige Abschnitte extra so konzipiert, dass sie als Notlandebahn für die Luftwaffe nutzbar wären.
Die Autobahn-Pläne der Armee
Nicht alle dieser Abschnitte taugen auch heute noch als Flugplätze. Die Armee ist auf der Suche nach neuen Standorten. Welche alles infrage kommen würden, bleibt geheim. Blick-Recherchen zeigen aber, dass neben dem Teilstück in Payerne mehrere Abschnitte aktuell grundsätzlich die Voraussetzungen für Starts oder Landungen erfüllen dürften. So beispielsweise auf der A1 zwischen Kirchberg BE und Kriegstetten SO, zwischen Egerkingen und Oensingen SO oder auf der A6 bei Münsingen BE.
Diese Abschnitte sind genügend lang, schnurgerade sowie ohne tiefe Brücken, Mittelstreifen oder andere Hindernisse über oder neben der Strasse. Zehn weitere Abschnitte liessen sich baulich anpassen.
Aus Strasse wurde kleiner Flugplatz
Für die Piloten sei die Landung auf einer Autobahn an sich unspektakulär, sagt Lässer. Speziell sei höchstens, dass es keinen richtigen Pistenanfang und auch kein Pistenende gibt. Er war nach seiner Zeit bei der Luftwaffe lange als ziviler Pilot tätig und ist nun seit einigen Jahren im Ruhestand. Erinnern kann er sich an die enormen Vorbereitungsarbeiten der Begleitmannschaften. «Auf der Autobahn ist ein kleiner Flugplatz aufgezogen worden», erzählt Lässer. Mit Bändern oder Farbe sei markiert gewesen, wo die Piste auf der Strasse anfängt.
Als er nach der Landung aus der Hunter gestiegen sei, sei die Freude aller Beteiligten gross gewesen. «Dann wurde die Maschine betankt und ich bin wieder retour geflogen.»
580 Soldaten und 25 Tonnen Material
Seit 1970 hat die Luftwaffe zehn Übungen mit Kampfjet-Starts und -Landungen auf der Autobahn durchgeführt. 1982 beispielsweise in Münsingen BE, wo spektakuläre Aufnahmen entstanden. Bei der letzten Autobahn-Übung am 14. November 1991 standen 580 Armeeangehörige im Einsatz. Dazu 24 Kampfjets und rund 140 Fahrzeuge, wie aus einem Bericht in der «Allgemeinen Schweizerischen Militärzeitschrift» (ASMZ) von 1992 hervorgeht. 25 Tonnen Munition und Material wurden nach Lodrino TI geschafft, wo die Übung namens «Strada» stattfand.
Damals hatte auf der Strasse erst der Schnee weggeräumt werden müssen. Es hatte in der Nacht plötzlich geschneit, weswegen die Durchführung der Übung zwischenzeitlich auf der Kippe stand. Ein Problem, womit die Armee in diesem Sommer sicher nicht rechnen muss.