Der 2. November 2022 war ein schwieriger Tag für Simonetta Sommaruga (63). Ihr Mann – der Schriftsteller Lukas Hartmann (79) – hatte zehn Tage zuvor einen Hirnschlag erlitten. Weitermachen wie bisher war nicht mehr möglich. Nach zwölf Jahren in der Landesregierung gab die Bundesrätin ihren Rücktritt bekannt. Danach wurde es still um die SP-Magistratin. Bis jetzt.
«Es war ein sehr emotionaler Tag. Da kam viel zusammen», erinnert sie sich im Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Es sei ein selbstbestimmter Entscheid gewesen. «Mit meinem Mann konnte ich nicht darüber diskutieren, er war damals nicht in der Lage dazu.» Auch wenn Sommaruga den Rücktritt nicht vorbereiten konnte – der Entscheid stimme für sie auch heute noch.
«Mein Mann hat Glück gehabt»
Lukas Hartmann habe sich mittlerweile erholt, dafür seien sie sehr dankbar. «Mein Mann hat Glück gehabt.» Hartmann schreibt wieder, im April wird ein neues Buch veröffentlicht. Das habe er noch vor dem Schicksalsschlag begonnen.
Und auch die alt Bundesrätin hat wieder eine Aufgabe. Sie wird Präsidentin der Stiftung Equal Salary, die Firmen zertifiziert, welche nachweisen können, dass sie die Lohngleichheit einhalten und dass Frauen die gleichen Chancen erhalten.
«Musik, Literatur, Natur»
Zu aktuellen politischen Fragen, wie zum Beispiel der 13. AHV-Rente, über die am Sonntag abgestimmt wird, hält sich Sommaruga zurück. Sie verfolge aber jeweils die Entscheide des Bundesrats. «Und ja, manchmal möchte man einen Entscheid gern kommentieren», sagt sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger».
Eine kleine Spitze gegen die SVP lässt sich Sommaruga aber nicht nehmen: «Die SVP ist permanent unzufrieden mit der Asylpolitik. Da stellt sich schon die Frage, warum sie in den letzten 16 Jahren nie bereit war, dieses Departement zu übernehmen», sagt sie auf die Frage, warum das Justizdepartement so unbeliebt sei.
In ein Loch gefallen sei sie nach ihrem Rücktritt nicht, so Sommaruga. Sie habe das vergangene Jahr gebraucht, um durchzuatmen. «Nun konnte ich mich wieder Dingen zuwenden, die mir auch immer wichtig waren: Musik, Literatur, Natur», so Sommaruga. «Aber ein Teil von einem bleibt im Bundesrat.» (bro)