SVP-Bundesrat Ueli Maurer (71) hat den Krieg Russlands gegen die Ukraine bei einem Auftritt an einer Parteiveranstaltung in Bühler AR als «Stellvertreterkrieg» zwischen Westen und Osten, konkret zwischen der Nato und Russland bezeichnet. Es handle sich um einen Kampf um Machtanspruch, der auf dem Buckel der Ukraine ausgetragen werde, hat der Finanzminister laut CH Media im Gemeindesaal gesagt.
Die Aussage stösst auf heftige Kritik bei Parlamentariern anderer Parteien, wie die CH-Media-Zeitungen berichten. «Es ist kein Stellvertreterkrieg, sondern ein massiver Angriffskrieg Russlands auf einen souveränen Staat», stellt der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller (37) klar. Auch SP-Nationalrat Eric Nussbaumer (62) sagt: «Maurer liegt komplett falsch.» Die Schweizer Regierung habe richtigerweise die massive Völkerrechtsverletzung durch Russland beim Namen genannt. Es sei «eines Bundesrats unwürdig», dass Maurer von dieser Position abzuweichen scheine.
«Es wird vor Autokraten gekuscht»
Dies sieht Grünen-Präsident Balthasar Glättli (50) gleich. Die Stärken der Schweiz seien ihre Demokratie, die Kollegialregierung und das Einstehen für Demokratie, Menschenrechte und Völkerrecht. «Ueli Maurer lässt dies alles offenbar kalt», sagt Glättli gegenüber CH Media. «Offenbar gilt auch für Maurer das Hohelied von Demokratie und Selbstbestimmung nur für die Schweiz. Im Rest der Welt wird vor Autokraten gekuscht.»
Maurer sorgt immer wieder für Schlagzeilen, weil er das Kollegialitätsprinzip bricht oder zumindest ritzt, indem er sich öffentlich gegen die offizielle Position des Bundesrats-Gremiums stellt. Jüngst insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Politik der Regierung.
Kritik an Sanktionen
An der SVP-Veranstaltung in Ausserrhoden kritisierte Maurer durch die Blume auch den Entscheid, Sanktionen gegen Russland zu ergreifen. Auf die Tatsache ansprechend, dass Russland die Schweiz wegen der Sanktionsergreifung nicht als Schutzmacht haben will, sagte Maurer: «Die Neutralität ist eine der wichtigsten Säulen unseres Landes, doch die Diskussion, ob wir an ihr festhalten oder Russland doch den Finger zeigen, wird uns weiter umtreiben.»
Der ehemalige Verteidigungsminister kam zudem auf die Gefahr eines Überschwappens des Kriegs auf weitere Staaten zu sprechen. Er hoffe wirklich, «dass die Situation in der Ukraine nicht weiter eskaliert», sagte er. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, «dass in ein paar Wochen ein Atomkrieg in Europa herrscht», warnte Maurer. Er widerspricht damit Verteidigungsministerin Viola Amherd (60) und Armeechef Thomas Süssli (55), die einen Atomkrieg bisher als unwahrscheinlich bezeichneten.
Das Finanzdepartement Maurers habe auf Anfrage nicht zu den Aussagen Stellung nehmen wollen, schreibt CH Media. (lha)