Ein grauer Montag in Bern, eisig kalt und unwirtlich. Heute kommt das neu gewählte Parlament zum ersten Mal zusammen. Für Farah Rumy (31) ist es ein schöner Tag.
Die Solothurner SP-Politikerin startet als Nationalrätin in die neue Legislatur. Es ist kurz vor 14 Uhr, als sie das Parlamentsgebäude betritt. Kaum drin, wird sie bereits belagert. Kein Wunder: Sie ist jung – und die erste Nationalrätin mit sri-lankischen Wurzeln.
Auf der Treppe holt sie der Zürcher EVP-Nationalrat Nik Gugger (53) ein, bittet um ein gemeinsames Foto und sagt zu Rumy: «Sri Lanka und Indien übernehmen jetzt das Bundeshaus.» Gugger selbst hat indische Wurzeln.
Diesen Moment geniessen
So geht es weiter. Rumy wird belagert, noch schnell ein Foto hier, ein Handshake da, es hört kaum mehr auf. Aber alles in allem wirkt Farah Rumy unangestrengt. Und irgendwie sehr zufrieden. Mit sich und mit der Welt.
«Ich freue mich, dass es losgeht», sagt sie. Aber am meisten: «Auf das Einlaufen in den Nationalratssaal als gewählte Nationalrätin.» Sie habe am Sonntag noch mit dem abgetretenen Solothurner SP-Ständerat Roberto Zanetti (68) geschrieben. Er hat ihr geraten, diesen Moment zu geniessen.
Rumy, Politikerin, ausgebildete Pflegefachfrau, Berufsschullehrerin, ist für Franziska Roth (57) nachgerutscht, die im zweiten Wahlgang für Solothurn in den Ständerat gewählt wurde.
SP-Gotte Mattea
Grosse Ziele hat sich Rumy für die ersten Tage und Wochen noch nicht gesteckt. Es geht ihr in erster Linie darum, mit den Abläufen und den Dynamiken in der Fraktion vertraut zu werden. Ihre Patin im Parlament, SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer (36), wird sie dabei unterstützen.
Vertieft politisch engagiert sich Rumy seit der Lancierung der Pflegeinitiative 2018. Es folgt der Beitritt in die SP Grenchen, im Frühling 2021 tritt sie das erste Mal zu Wahlen an und schafft den Sprung in den Solothurner Kantonsrat. Im gleichen Tempo ging es weiter, jetzt also im nationalen Parlament.
14.30 Uhr, für Rumy gehts nun offiziell los. Sie eilt in den Nationalrat, es steht, nach Reden des Alterspräsidenten Gerhard Pfister (61) und des jüngsten neu gewählten Ratsmitglieds, Katja Riem (26), das erste Geschäft an: die Konstituierung und Vereidigung des Nationalrats. Auf der Tribüne sitzt Rumys Vater, er wird bis am Schluss des ersten Sessionstages dabei sein und am Abend gemeinsam mit seiner Tochter nach Grenchen zurückfahren. Sicher stolz.
«Bewegende Momente»
Die Neo-Nationalrätin sitzt, Beine übereinandergeschlagen, Hände gefaltet, bei der SP-Fraktion in der zweithintersten Reihe – neben Bundesratskandidat Jon Pult (39). Dieser freut sich über seine neue Sitznachbarin: «Farah ist mir sofort sympathisch gewesen – ich hoffe, ich ihr auch.»
Die Sympathie beruht auf Gegenseitigkeit, noch aus dem Nationalratssaal postet Rumy auf Instagram ein Selfie mit Pult. Dann, kurz nach 15 Uhr, wird sie vereidigt, legt das Gelübde ab, und singt – zusammen mit dem Gesamtbundesrat und den anderen Nationalrätinnen und Nationalräten – die erste Strophe der Landeshymne.
Alles zusammen sehr überwältigend. Rumy: «Der Saal macht Eindruck, das waren sehr bewegende Momente – für mich, für meine politische Karriere.»