Erhöhung der Staumauer zieht sich hin
Bis am Grimsel mehr Strom fliesst, dauert es noch Jahre

Mit einer Hauruckübung will der Nationalrat die Staumauer am Grimselsee erhöhen. Jedoch kann sich das Parlament nicht so einfach über kantonale Bestimmungen hinwegsetzen.
Publiziert: 27.09.2022 um 09:15 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2022 um 18:12 Uhr
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Etwa sechs Jahre daure die Erhöhung der Grimsel-Staumauer, sagen die Kraftwerke Oberhasli AG.
Foto: keystone-sda.ch

Die Staumauer beim Grimselsee soll um 23 Meter erhöht und die Kapazität fast verdoppelt werden. Das beantragte SVP-Nationalrat Albert Rösti (55), der sich bisher als Präsident von Auto Schweiz einen Namen machte.

Der Berner SVP-Mann hat in der Energiekommission des Nationalrats erfolgreich den Antrag gestellt, das Projekt Grimselsee ins «Bundesgesetz über dringliche Massnahmen zur kurzfristigen Bereitstellung einer sicheren Stromversorgung im Winter» aufzunehmen.

Der Nationalrat hat dem Vorhaben am Montag zugestimmt. Sagt auch der Ständerat Ja, könnte es bereits am 1. Oktober in Kraft treten. Die Vorlage, die bis Ende 2025 gelten soll, erleichtert auch etwa Bewilligungen für Gross-Solaranlagen in den Bergen. Anders als die kleine Kammer möchte der Nationalrat aber Solaranlagen nicht von der Umweltverträglichkeitsprüfung befreien.

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Keine Baubewilligung vorhanden

Nun hoffen Rösti und Energie-Turbos, dass die Staumauer am Grimselsee schnell erhöht werden kann. Momentan stehen gerade Baukräne an der Mauer, die Renovationsarbeiten vornehmen: «Ich gehe davon aus, dass es möglich ist, dass nun gleich weitergebaut werden kann», so Rösti im Rat.

Doch so einfach ist das Ganze nicht.

Über die Erhöhung der Staumauer wird seit über 20 Jahren gestritten. Das Bundesgericht hat das Projekt mehrmals gestoppt, 2020 das letzte Mal. Damals wurde der Kanton Bern angewiesen, den Richtplan nochmals zu überarbeiten. Auch eine Baubewilligung und eine Konzession hat das Projekt darum nicht automatisch.

Mit dem soeben angenommenen Gesetz ändert sich daran nichts, wie die zuständige Berner Behörde mitteilt. Auch will man am Richtplanverfahren festhalten. «Im Hinblick auf allfällige Beschwerden ist ein korrekt durchgeführtes Richtplanverfahren mit einer Interessenabwägung in jedem Fall sinnvoll», teilt die Berner SP-Regierungsrätin Evi Allemann (44) mit. Die Erhöhung der Grimselstaumauer sei aber ein wichtiger Beitrag zur Energiewende, sagt sie. Auch das kantonale Parlament will das Projekt vorantreiben.

Und der Entscheid des Nationalrates verunmöglicht es nicht, dass weitere Beschwerden eingehen können.

Sechs Jahre Bauzeit

Rösti setzt sich mit seinem Antrag auch gegen seinen eigenen Fraktionschef durch. Für Thomas Aeschi (43) ist die Vorlage verfassungswidrig, wie er im Rat sagte. Auch Grüne-Fraktionschefin Aline Trede (39) sagt zu Blick: «Die Erhöhung der Grimselstaumauer gehört eigentlich nicht in ein Bundesgesetz.»

Die nun vom Nationalrat bewilligte Vorlage gilt bis Ende 2025. Doch bis dann wird der Stausee wohl nicht zusätzlichen Strom liefern. So geht die Betreiberin der Kraftwerke Oberhasli AG (KWO) davon aus, dass die Bauzeit einer höheren Mauer etwa sechs Jahre dauert. Damit kann das Projekt nicht zu einer Entlastung bei den befürchteten Energie-Engpässen in den kommenden Wintern beitragen.

Wenig von dieser Berner Gemächlichkeit hält Rösti: «Ich erwarte, dass das Signal gehört wird, und der Konzessionierung in kürzester möglicher Zeit stattgegeben wird.» Es liege nun an KWO und Kanton, nötige Schritte einzuleiten.

Kein Widerstand vom WWF

Für das Grimsel-Projekt haben inzwischen selbst Umweltverbände Verständnis: Die Betreiberin hat WWF, Pro Natura und den Berner Fischereiverband eingebunden. Der Eingriff in die Natur lasse sich mit der zusätzlichen Stromproduktion rechtfertigen, auch weil der Umweltschutz anderswo kompensiert wird. Man werde sich nicht gegen das Projekt stellen, heisst es beim WWF auf Anfrage.

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