Emirat verwanzte Hotelzimmer in Bern und hörte Bundesanwalt ab
Katar bespitzelte höchsten Schweizer Ermittler

Katar versuchte mit allen Mitteln, die Fussball-WM 2022 im Emirat zu sichern. Auch der damalige Bundesanwalt Michael Lauber soll abgehört worden sein, wird nun bekannt.
Publiziert: 12.03.2023 um 10:55 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2023 um 13:20 Uhr
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Michael Lauber war bis 2020 Bundesanwalt. Katar soll ihn ausspioniert haben, wie nun bekannt wurde.
Foto: keystone-sda.ch

Hacker-Angriffe, Geheimdienst-Treffen und verwanzte Hotelzimmer. Wie Medien vergangenes Jahr aufdeckten, hat der Wüstenstaat Katar auf Schweizer Boden eine grossangelegte Spionageoperation durchgeführt. Man liess Fussballfunktionäre, aber auch den russische Machthaber Wladimir Putin (70) bespitzeln, während sich dieser auf Schweizer Boden befand. Das Emirat wollte so sicherstellen, dass die Fussball-WM der Männer 2022 auch wirklich in Katar stattfindet.

Nun wird bekannt: Auch der damalige Bundesanwalt Michael Lauber (57) soll im Auftrag Katars abgehört worden sein. Das zeigen Recherchen der «NZZ am Sonntag».

Katari hörten bei Geheimtreffen mit

Lauber hatte sich am 16. Juni 2017 mit Fifa-Chef Gianni Infantino (52) im Hotel Schweizerhof in Bern zu einem geheimen Treffen verabredet. Ein Treffen, an das sich im Nachhinein keiner mehr erinnern mag, das schliesslich zu Laubers Rücktritt führte und weshalb bis heute eine Untersuchung läuft. Der «NZZ am Sonntag» liegen Dokumente vor, die belegen sollen, dass das Zimmer verwanzt war. Der Schweizerhof befindet sich seit Längerem in katarischer Hand – nur wenige Türen vom Sitzungszimmer entfernt, indem sich Infantino und Lauber trafen, ist die katarische Botschaft einquartiert.

Ein über hundertseitiges Dokument vom Dezember 2011 zeige, dass man versuchte habe, den höchsten Schweizer Ermittler zu einem Vertrauensmann Katars zu machen, so die «NZZ am Sonntag». Und das schon lange vor 2017. Der Hintergrund war, dass die Bundesanwaltschaft mehrere Strafverfahren gegen die Fifa führte.

Auf einer Seite mit dem Titel «Ermittlungen beeinflussen» ist zu lesen: «Developed an approach to cultivate ML» – was in etwa so viel heisst wie: «Entwickelten einen Plan, um ML als Quelle zu rekrutieren». Mehrere Personen hätten bestätigt, dass es dabei um Michael Lauber geht. Laut den Recherchen der «NZZ am Sonntag» soll das Ziel der Spionageaktion gewesen sein, belastendes Material zu sammeln. Das Material hätte dafür gebraucht werden können, Lauber zu erpressen.

Lauber beteuert, nicht erpresst worden zu sein

Ein Anwalt Laubers sagt auf Anfrage der Zeitung, der ehemalige Bundesanwalt habe keinerlei Kenntnis einer Verwanzung oder Aufnahme des Treffens im Juni 2017. Er sei nie erpresst oder von katarischen Agenten kontaktiert worden. «Sämtliche diesbezüglichen Spekulationen sind haltlos.» An das Treffen könne er sich nach wie vor nicht erinnern. Auch der Anwalt von Fifa-Boss Infantino sagt, er wisse nichts von geheimen Überwachungsaktionen, und: «Es hat zu keinem Zeitpunkt je von irgendjemandem auch nur entfernt den Versuch einer Beeinflussung, geschweige denn einer Erpressung gegeben.»

Der Staat Katar, ebenso wie die US-amerikanische Firma Global Risk Advisors, die gemäss Bericht mit dem Spionageauftrag betraut worden war, bestreiten die Operation.

Und die Bundesanwaltschaft? Die teilt auf Anfrage von Blick mit, sie habe «in ihrer heutigen Zusammensetzung» ebenfalls keine Kenntnis allfälliger nachrichtendienstlicher Operationen. (lha)

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