Gerhard Pfister (59) legt sich mit den reichen Kantonen an. Er will, dass sie einen grösseren Teil ihrer Steuereinnahmen an den Bund abtreten. «Der Bund hat in den letzten zwei Jahren rund 35 Milliarden Franken für die Bewältigung der Corona-Krise aufgeworfen», so der Mitte-Präsident. «Nun stellt er erneut und zu Recht zehn Milliarden für den Rettungsschirm für die drei grossen Stromkonzerne bereit – die im Übrigen den Kantonen gehören.»
Wenn Pfister von den Kantonen mehr Geld fordert, spricht er von der OECD-Mindestbesteuerung, über die der Ständerat in der am Montag beginnenden Herbstsession entscheidet. Der St. Galler Mitte-Ständerat Benedikt Würth (54) werde einen Antrag einreichen, dass der Bund 50 Prozent der dadurch anfallenden Zusatzeinnahmen erhalten soll.
Die meisten müssen Steuersätze anheben
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) will, dass grosse internationale Unternehmen, die mehr als 750 Millionen Euro pro Jahr machen, überall mindestens 15 Prozent Gewinnsteuer zahlen. Auch in der Schweiz. Das dürfte einschenken: Nur acht Kantone haben heute einen Steuersatz über 15 Prozent – der Rest liegt zum Teil deutlich darunter. Spitzenreiter sind Zug, Nidwalden und Luzern mit um die 12 Prozent.
Alle Kantonen unter 15 Prozent müssen Konzerne also höher besteuern. Insgesamt dürften die Mehreinnahmen im Jahr bei 2,5 Milliarden Franken liegen. Der Bundesrat schlägt vor, den Kantonen 75 Prozent zu lassen und 25 Prozent in die eigene Kasse zu stecken. Mehr als das wollen die Kantone auch nicht abgeben.
«Die Bevölkerung entlasten»
Für Pfister ist es zu wenig. «Von den Zusatzeinnahmen werden nur wenige steuergünstige Kantone profitieren, die heute schon zu den reichsten gehören», sagt er. «Für den Zusammenhalt des Landes wäre das schlecht.» Die Mitte sei der Meinung, dass die Mehreinnahmen der gesamten Schweiz zugute kommen müssen. Was der Bund mit dem Geld anfangen soll, will Pfister offen lassen. «Zentral ist sicher, nicht nur die Wirtschaft, sondern auch die Menschen zu entlasten.»
Damit legt sich der Mitte-Präsident auch mit seinem eigenen Kanton an – Zug wird jener Kanton sein, der mit am meisten neue Steuern heuschen wird. Pfister ist hingegen überzeugt, dass auch Zug ein grosses Interesse habe, auf einen Teil der Mehreinnahmen zu verzichten. Denn sonst steige das Risiko, dass die Reform die nötige Volksabstimmung im kommenden Sommer nicht überlebt.
Polemischer Abstimmungskampf
Eine Einschätzung, mit der er nicht allein ist. So sagte der Schwyzer Finanzdirektor Kaspar Michel (52) kürzlich an einer Veranstaltung der Zeitschrift «Schweizer Monat», der Abstimmungskampf werde «Verrechnungssteuer hoch zehn sein in der Polemik».
Pfister ist daher überzeugt: «Gerade für Zug ist es wichtig, dass die Reform gelingt. Schert die Schweiz aus dem OECD-Konzert aus, droht die Abwanderung der Unternehmen.»
Harter Verteilkampf programmiert
Doch Zug verliert durch die Steuererhöhung für Konzerne an Attraktivität. Sollte der Kanton die zusätzlichen Einnahmen nicht nutzen, um dies wettzumachen? «Zug wird wie jeder steuergünstige Kanton auch bei einer 50:50-Verteilung ein attraktiver Standort bleiben. Man darf nicht vergessen, dass diese Attraktivität auch vom Bund geschaffen wird – über Rechtssicherheit, gute Infrastrukturen, gut ausgebildete Fachkräfte beispielsweise.»
Im Parlament sind harte Diskussionen programmiert. Denn die SVP will das Geld in jenen Kantonen lassen, die es einnehmen. Linke Kreise fordern, dass der Bund am besten alle Zusatzeinnahmen erhalten soll. Der Schwyzer Finanzdirektor Michel hingegen fände alles über einen Drittel «vermessen» – trotz dem Damoklesschwert der Abstimmung.
Eine Fifty-fifty-Lösung à la Pfister entspräche da ja schon fast dem guteidgenössischen Kompromiss.