Als die Kameras gerade nicht liefen, liess sich der frisch gewählte Ständerat Simon Stocker (42) vor dem Schaffhauser Regierungsgebäude zu einem grossen Freudensprung hinreissen. Er hatte die Sensation geschafft. Beim Auszählen der ländlichen Schaffhauser Gemeinden hatte stets Thomas Minder (67) die Nase vorn. Der Parteilose wurde mit seiner Abzocker-Initiative schweizweit bekannt und sass seit 2011 im Ständerat.
Ohrenbetäubender Lärm in Schaffhausen
Doch Stocker durfte sich auf viel Unterstützung aus dem urbanen Teil Schaffhausens verlassen. Diese kam dann auch – geöffneten Schleusen gleich schwemmten die Stimmen aus der Stadt Schaffhausen Stocker schliesslich auf die Siegertreppe.
Dank seiner 50-köpfigen Entourage, die ohrenbetäubend laut auf den Triumph des 42-Jährigen aufmerksam machte, hörte man diesen schon, bevor er aus der Münstergasse schritt. «Es ist unfassbar», sagte der Wahlgewinner vor den Medien. «Ich darf den Leuten, die weinen, nicht in die Augen schauen. Sonst fange ich gleich auch an.» Stocker ist überzeugt: «Die Leute wollen jemand Junges, jemand Neues im Ständerat haben.»
Wer ist dieser Stocker?
Auf nationalem Parkett ist Stocker kaum ein Begriff, kaum jemand hat ausserhalb der Stadt Schaffhausen seinen Namen schon einmal gehört. Er hat einen Bachelor in Sozialer Arbeit und ist seit einiger Zeit selbständiger Experte in Sachen Alterspolitik.
Seit seinen Jugendjahren ist der SPler politisch aktiv und wurde 2007 erstmals Mitglied des Grossen Stadtrats, des Stadtparlamentes, in Schaffhausen. 2013 schaffte er den Sprung in den Stadtrat und war von 2016 bis 2020 Vizepräsident der städtischen Exekutive.
Ein grosses Augenmerk hat Stocker als Vater auf die Kosten von Kitaplätzen – selbsterklärend sind ihm die älteren Semester ebenso ein Anliegen. Er sei bestimmt auch wegen seiner Arbeit gewählt worden: «Wahlkampf sind nicht drei Monate, Wahlkampf sind 20 Jahre.»
Der abgewählte Thomas Minder hatte zwar die Unterstützung der Bürgerlichen, gegen den urbanen Stocker nützte das allerdings nichts mehr. Minder war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht erreichbar.