Auf einen Blick
- Die SVP will im Aargau ihren zweiten Regierungsratssitz verteidigen
- Es spitzt sich auf das Duell Martina Bircher (SVP) gegen Beat Flach (GLP) zu
- Die SVP Aargau verlor bereits vor einem Jahr ihren Ständeratssitz
Das Timing hätte für Martina Bircher (40) nicht besser sein können. Die Delegiertenversammlung der SVP Schweiz letzten Samstag fand eine Woche vor den Aargauer Regierungsratswahlen in Aarau statt. Ein Heimspiel! Um nochmals im Scheinwerferlicht Werbung in eigener Sache zu machen.
Doch die Parteichefs verwehrten Bircher die Show. Die Aargauer Nationalrätin bemühte sich vergebens, als Sprecherin für ein Ja zur Gesundheitsreform (Efas) auftreten und sich profilieren zu können. Besonders bitter: Ausgerechnet ihr grösster Widersacher bei den Regierungsratswahlen, GLP-Nationalrat Beat Flach (59), erhielt vor den SVP-Delegierten einen Auftritt. Er durfte die Argumente gegen die Autobahnausbau-Vorlage vortragen. Ein Affront für Bircher.
Es brauchte einen kleinen Aufstand der heimischen SVP-Sektion, damit ihre Regierungsratskandidatin wenigstens noch zum Wahlkampfthema Bildung nach vorne ans Mikrofon durfte.
Die kleine GLP fordert die grosse SVP heraus
Weil der langjährige SVP-Bildungsdirektor Alex Hürzeler (59) am Sonntag nicht mehr zur Wahl antritt, wird ein Sitz in der Aargauer Regierung frei. Die vier bisherigen Regierungsräte (FDP, SP, Mitte, SVP - alles Männer) sind unbestritten. Bircher dagegen muss um jede Stimme kämpfen. Zuerst setzte sie sich in einem gehässigen Nominierungsverfahren parteiintern durch, nun macht ihr der Grünliberale Flach den Einzug in die Aargauer Regierung streitig.
Bircher gegen Flach. Mit Blick auf die Parteistärke scheint die Sache klar: Die SVP kann auf einen Wähleranteil von über 30 Prozent zählen, die kleine GLP nur auf rund 9 Prozent.
Trotzdem rückt der Aussenseiter seiner Konkurrentin gefährlich auf die Pelle. Gemäss einer Umfrage der «Aargauer Zeitung» erhält Flach aktuell 44 Prozent Zustimmung, Bircher mit 45 Prozent nur knapp mehr. Flach steht innerhalb der Grünliberalen eher links, kommt aber über die Parteigrenzen hinweg gut an, während es Bircher – wie SVPler generell bei Personenwahlen – ausserhalb der eigenen Wählerschaft schwerer hat. Sie politisiert in Asyl- und Sozialfragen hart auf Parteilinie, bringt dafür als Stadträtin von Aarburg Exekutiverfahrung mit.
Kein Frauenbonus in der Aargauer Politik
Bircher tritt mit dem Slogan «die starke Frau für unseren Aargau» an. Doch obwohl aktuell die Männer unter sich sind in der Regierung, ist das Geschlecht im Aargauer Wahlkampf kaum ein Faktor. Nicht mal bei den Linken. Im Wissen darum, dass die Grünen-Kandidatin Ruth Müri (53), keine reellen Chancen hat, machen sich jetzt prominente Nationalrätinnen wie Irène Kälin (37, Grüne) und Gabriela Suter (51, SP) für den Mann Beat Flach stark. Motto: Hauptsache SVP verhindern.
Dabei zeigt Bircher durchaus frauenkämpferische Züge, die Feministinnen gefallen müssten. Auf die Frage, wie sie das Amt als Regierungsrätin mit einem sechsjährigen Sohn denn bewältigen würde, antwortet die SVP-Frau gerne mit einer Gegenfrage: «Habt ihr das bei Benjamin Giezendanner auch gefragt?»
An die Ständeratswahlen 2023 wird die SVP Aargau ungern erinnert. Nationalrat Giezendanner (42, vier Kinder) unterlag in der Stichwahl Marianne Binder (66); die SVP verlor ihren Sitz an die Mitte. Diesen Sonntag wird es sich zeigen: Happy End für Martina Bircher oder erneute Schmach für die wählerstarke Aargauer SVP.