SVP-Nationalrätin Martina Bircher (40) will Aargauer Regierungsrätin werden. Letzte Woche wurde die national bekannte Asyl- und Sozialpolitikerin vom Parteitag für die Wahlen im Herbst nominiert. Doch statt geeint in den Wahlkampf gegen die anderen Parteien zu gehen, zerfleischt sich die SVP intern. Die unterlegene SVP-Kandidatin Desirée Stutz (43), Fraktionschefin im Kantonsparlament, wirft der Parteileitung vor, sich im Wahlprozedere nicht korrekt verhalten zu haben. Zu ihren Ungunsten. Zudem behaupten Supporter von Stutz, Bircher-Unterstützer hätten sie eingeschüchtert.
Happige Vorwürfe. Stutz platzierte ihre Kritik zuerst in ihrer Lokalzeitung im Fricktal. Konkreter werden will sie auf Anfrage nicht. Fakt ist: Bei einer Einladung zu einer Vorstandssitzung wurde ein Tag verwechselt (es stand Donnerstag statt Mittwoch, das Datum war korrekt) und beim Versand von Delegiertenkarten wurden zwei Bezirke verwechselt. Auch zu den angeblichen Einschüchterungsversuchen ist bisher nichts weiter bekannt.
Gerüchte gegen Bircher gestreut
Doch nicht nur das Stutz-Lager beklagt sich über unfaire Methoden. Blick-Recherchen zeigen: Im Vorfeld der Nominierung lief vor allem eine Kampagne gegen Martina Bircher selber. Ihre parteinternen Gegner arbeiteten darauf hin, dass Bircher gar nicht erst aufs Kandidatinnen-Ticket für die Regierungsratsnomination kommt. Es wurde versucht, sie mit Unterstellungen zu ihrer Person und ihrer Familie zu verunmöglichen.
Mal hiess es, Bircher sei psychisch angeschlagen und habe ein Burnout gehabt, mal wurden Gerüchte über Probleme mit ihrem fünfjährigen Kind herumgereicht. Weiter wurde erzählt, ihr Mann beziehe Sozialhilfe, obwohl Bircher selber als Gemeinderätin von Aarburg für die Sozialhilfe zuständig ist und dabei eine harte Linie fährt. Die Gerüchte verbreiteten sich teils bis nach Bundesbern. «Das ist eine Schmutzkampagne, die ihresgleichen sucht, alles ist erstunken und erlogen», sagt ein SVP-Mitglied, das die Vorkommnisse in der SVP-Spitze aus der Nähe mitverfolgt.
Aargauer SVP-Präsident Glarner war wütend
Martina Bircher selber will sich auf Anfrage nicht äussern und verweist auf die Parteileitung. Präsident der SVP Aargau ist Nationalrat Andreas Glarner (61), der selber immer wieder im Mittelpunkt von parteiinternen Streitereien steht. Als Blick Garner konfrontiert, verweist er auf eine Medienmitteilung zur Affäre, die er am Mittwochnachmittag verfasst hat.
Zum Mobbing gegen Bircher steht darin zwar nichts, dafür reagiert Glarner auf die öffentliche Attacke von Stutz. Es wird klar: Glarner war stinksauer. In der Medienmitteilung ist das so formuliert: Kantonalparteipräsident Glarner habe sich mit Stutz ausgesprochen und seinen Unmut über die in der Presse gemachten Aussagen geäussert. Die beiden Kandidatinnen hätten im Vorfeld der Nomination eine Ehrencharta unterschrieben, «in der solches Verhalten ausgeschlossen wird».
Stutz distanziert sich auf Blick-Anfrage
Bircher-Gegenspielerin Stutz muss Kreide fressen. Sie bittet im Communiqué um Entschuldigung und betont, sie habe nur ihre persönliche Sichtweise äussern wollen und den Prozess kritisiert, nicht die nominierte Kandidatin Bircher. Auf Anfrage von Blick distanziert sich Stutz auch von den Burnout- und Sozialhilfe-Unterstellungen gegen Bircher: «Ich verurteile ein solches Vorgehen und finde es bedauerlich, wenn solche Gerüchte in Umlauf gebracht werden.»
Die SVP macht auf Schadensbegrenzung. Doch das Geschirr ist zerschlagen. In der Geschichte gibt es nur Verliererinnen: Désirée Stutz geht als Fraktionspräsidentin angeschlagen aus diesem Streit hervor und Martina Bircher startet mit einer gespaltenen Partei und dem Wissen um Heckenschützen in den Regierungsratswahlkampf.