Die Kantone findens riskant
Economiesuisse will fünf statt zehn Tage Isolation

Zehntausende können wegen Corona nicht an ihren Arbeitsplatz – was den Wirtschaftsdachverband Economiesuisse auf den Plan ruft. Doch dessen Vorhaben stösst auf Widerstand.
Publiziert: 06.01.2022 um 10:15 Uhr
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Aktualisiert: 06.01.2022 um 11:27 Uhr
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Wer sich mit dem Coronavirus infiziert hat, soll künftig nur noch fünf statt zehn Tage zu Hause bleiben.
Foto: Shutterstock
Pascal Tischhauser

Economiesuisse fordert eine Risikostrategie! Der Wirtschaftsdachverband will, dass nicht nur die Quarantäne für Personen aus dem Umfeld von Corona-Positiven verkürzt wird. Der Verband verlangt zudem, dass die Isolation von Personen, die sich mit Covid angesteckt haben, von zehn auf fünf Tage halbiert wird – sofern sie keine Symptome aufweisen.

Der Wirtschaftsdachverband begründet diesen Plan damit, dass zu viele Leute am Arbeitsplatz fehlten. Tatsächlich konnten am Mittwoch deutlich mehr als 100'000 Leute nicht in die Werkhalle oder ins Büro. Exakt weilten 85'622 Personen in Isolation, weil ihr Corona-Test positiv ausgefallen war. Deutlich weniger, 32'886 Personen, waren in Quarantäne, weil sie mit Positiven Kontakt hatten.

Es fehlen viel weniger Leute

Die Quarantäne-Dauer von zehn auf sieben Tage verkürzen wollen inzwischen alle Kantone. Und es soll nur noch das direkte persönliche Umfeld von Infizierten daheimbleiben müssen. Dies wird der Bundesrat demnächst auch mit der Änderung einer Verordnung unterstreichen und damit landesweit einheitlich regeln.

Eine Halbierung der Isolationszeit von Infizierten dürfte in der Landesregierung hingegen kein Thema sein. Dies einerseits deswegen nicht, weil die Auswirkungen der inzwischen dominanten Omikron-Variante noch nicht abschätzbar sind. Zum anderen sind die wirtschaftlichen Folgen geringer, als dies auf den ersten Blick den Anschein macht. Denn es gilt ohnehin Homeoffice-Pflicht.

Zwar kann die Schreinerin genauso wenig von daheim aus arbeiten wie der Coiffeur, aber in der heutigen Wissens- und Informationsgesellschaft beschränkt sich der Arbeitsweg schon jetzt für Hunderttausende auf den Gang von der heimischen Kaffeemaschine zum Laptop auf dem Küchentisch.

Gesundheitsdirektoren sind vorsichtig

Zudem steht von den 118'508 Personen, die am Mittwoch zu Hause bleiben mussten, nur ein Teil im Erwerbsleben. In Isolation oder Quarantäne befinden sich eben auch Kinder und Rentner. Die Zahl, die der Wirtschaft effektiv fehlt, ist somit weit geringer als diejenige, mit der Economiesuisse gerade hausiert.

So sind auch die kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren einer Isolationsverkürzung gegenüber zurückhaltend. Aus der Gesundheitsdirektorenkonferenz heisst es: «Eine allfällige Verkürzung der Isolationsdauer müsste gut begründet werden und sollte sich auf neue Erkenntnisse zur Inkubationszeit und zur Ansteckungsfähigkeit bei Infektionen mit der Omikron-Variante abstützen.»

Expertin dagegen

Auch die Epidemiologin Olivia Keiser von der Universität Genf ist sehr skeptisch, weil wissenschaftliche Daten hierzu fehlen: «Ich habe bis jetzt keine Studie gesehen, die für eine Verkürzung der Isolation von Infizierten auf fünf Tage sprechen würde.» Es gebe nicht genügend wissenschaftliche Sicherheit, dass Infizierte nach fünf Tagen nicht mehr ansteckend seien, so die Expertin.

Epidemiologin Keiser drängt deshalb auf mehr Vorsicht: «Wenn eine Verkürzung notwendig werden sollte, dann höchstens auf sieben Tage und nur bei negativem Test.»

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