Auf einen Blick
- Der Hauseigentümerverband baute sich ein schlagkräftiges Lobbynetz auf
- Er kann in Bern auf rund ein Dutzend Parlamentarier zählen
- Auch in den Kantonen ist der Verband zur Referendumsmacht geworden
Lobbymaschine: Der Begriff ist zweideutig. Die einen warnen sofort, wenn jemand Einfluss auf politische Entscheide nehmen will. Da schwingt aber oft auch ein Hauch von Respekt mit. Die politischen Gegner sind immer ein bisschen neidisch, wenn es jemandem gelingt, seine Interessen gut durchzusetzen.
Bauern, Krankenkassenvertreterinnen oder Gewerkschafter: Sie gelten in Bern als Lobbymaschinen. Nun zeigt die Abstimmung über die Mietvorlagen aber deutlich, wie der Hauseigentümerverband in der Schweizer Politik zum einflussreichen Player auf dem politischen Parkett geworden ist.
Viele Nationalräte sind verbandelt
Mit 2,5 Millionen Franken finanziert der Hauseigentümerverband die 3,3 Millionen Franken teure Pro-Kampagne massgeblich. Und ist die Abstimmung vorbei, stehen in Bundesbern wohl bald weitere Vorhaben zur Debatte, die im Interesse der Hauseigentümer wären – und die Position der Mieter schwächen würden.
Auch der Verband der Schweizer Immobilienwirtschafter (SVIT) hat in Bern ein Netzwerk aufgebaut. In einem politischen Beirat des Verbandes sitzen die Ständeräte Pirmin Schwander und Erich Ettlin sowie die Nationalräte Peter Schilliger und Alex Farinelli. Gelistet ist die Mitgliedschaft als bezahltes Mandat. Der SVIT hat auf eine Anfrage von Blick, wie hoch die jährliche Entschädigung ausfällt, nicht reagiert.
Auch der Verband der Schweizer Immobilienwirtschafter (SVIT) hat in Bern ein Netzwerk aufgebaut. In einem politischen Beirat des Verbandes sitzen die Ständeräte Pirmin Schwander und Erich Ettlin sowie die Nationalräte Peter Schilliger und Alex Farinelli. Gelistet ist die Mitgliedschaft als bezahltes Mandat. Der SVIT hat auf eine Anfrage von Blick, wie hoch die jährliche Entschädigung ausfällt, nicht reagiert.
Der Einfluss der Hauseigentümer-Lobby ist nicht verwunderlich: Auf bürgerlicher Seite haben sich der Hauseigentümerverband (HEV) und sein welsches Pendant ein dichtes Netzwerk geschaffen: Nicht weniger als 5 Mitglieder des Ständerats sowie 15 Nationalrätinnen oder Nationalräte haben Mandate bei den Verbänden, sei es auf nationaler oder auf lokaler Ebene. Ein guter Teil der Mandate ist bezahlt. Zum Vergleich: Die Mieterinnen- und Mieterverbände können auf 5 Politikerinnen oder Politiker zählen.
Erfolgreicher Kampf in den Kantonen
Doch der Blick auf Bundesbern zeigt längst nicht die ganze Effizienz der Lobbymaschine HEV: Auch in den Kantonen sind die Verbände in den Parlamenten gut vertreten. Die kantonalen HEV-Sektionen sind zu Referendumsmächten geworden.
Energiedirektoren können landauf, landab ein Lied davon singen: Wenn eine Vorlage aus Sicht des HEV zu weit geht, dann hat der Verband meist die Macht, eine Volksabstimmung herbeizuführen. Die Solaranlagepflicht auf Neubauten oder das Verbot, fossile Heizungen wiederum durch fossile zu ersetzen, sind den Hauseigentümerverbänden regelmässig ein Dorn im Auge.
So stimmt das Wallis am 24. November über ein kantonales Klimagesetz ab. Beim Referendum mitgeholfen haben die Oberwalliser Hauseigentümer. Im September war die Urner Energieverordnung an der Urne abgelehnt worden. Im Aargau (2021) und im Kanton Solothurn (2017) fielen Energiegesetze durch, immer hatten HEV-Sektionen massgeblich am Referendum mitgewirkt.
Volle Kasse, gutes Netzwerk
Woher kommt die Schlagkraft? Bekannt ist, dass der frühere HEV-Direktor Ansgar Gmür (71) das politische Lobbying hoch gewichtete. Gezielt wurden bürgerliche Politiker für die Arbeit in HEV-Vorständen rekrutiert. Und so wuchs ein dichtes Netzwerk an kantonalen und nationalen Politikern.
Klar ist aber auch: Der HEV und seine Sektionen haben gut gefüllte Kriegskassen, mit denen sie Politiker unterstützen. Das zeigt der Blick auf die National- und Ständeratswahlen 2023, für die erstmals Details zur Finanzierung offengelegt werden mussten. Im Nationalratswahlkampf 2023 setzte der HEV Kanton Zürich rund 73'000 Franken ein für 48 SVP- und FDP-Mitglieder, die St. Galler Sektion 65'500 Franken für sieben bürgerliche Kandidierende. Der HEV Region Winterthur 65'000 Franken für 17 Kandidierende.
Einzelne Kandidierende erhielten noch deutlich höhere Beiträge: SVP-Nationalrat Gregor Rutz (52, ZH), der auch Präsident des HEV Schweiz ist, bekam zusammen mit einer HEV-Kollegin fast 55'000 Franken vom Zürcher Verband. Der frühere Gewerbeverbandspräsident Hans-Ulrich Bigler (66) bekam ebenso wie die Zürcher FDP-Kantonsrätin Sonja Rueff-Frenkel (52) jeweils 50'000 Franken.
Beide sitzen im Vorstand des Zürcher HEV-Kantonalverbandes, geschafft haben sie die Wahl nicht. Wen sie mit wie viel Geld im Wahlkampf allenfalls unterstützen, entscheiden die regionalen Sektionen und Kantonalverbände vor Ort.
Der Verein wächst und wächst
Stösst das Engagement nicht auch auf Widerstand bei den Mitgliedern? Schliesslich sind nicht alle Hausbesitzer auf stramm bürgerlicher Linie wie ihr Verband. «Bei 340'000 Mitgliedern haben nie alle die gleiche Meinung», sagt Direktor Markus Meier (63). Insgesamt aber ist die Zahl der Mitglieder in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen, was darauf hindeutet, dass der HEV seine Arbeit zur grossen Zufriedenheit der Mitglieder erledigt. «Wir arbeiten stetig daran, zu zeigen, dass sich eine Mitgliedschaft lohnt», sagt Meier. Ob der Verband am 24. November erfolgreich ist? Die Prognosen deuten auf ein enges Rennen hin.