Auf einen Blick
- Blick analysierte Anwesenheit und Absenzen im Nationalrat
- Daniel Sormanni führt Absenzen-Liste an, gefolgt von Fridez und Amaudruz
- 144 von 200 Nationalräten haben keinen Tag gefehlt
- Wie sich die Statistik aufbessern lässt
Zu fünf Sessionen trafen sich die 200 Nationalrätinnen und Nationalräte im Jahr 2024. Um jeweils mehrere Wochen lang über Gesetze zu streiten, das Budget zu verabschieden oder die Zukunft der Armee zu referieren.
Die Ratsmitglieder sind gemäss Parlamentsgesetz verpflichtet, an den Sitzungen der Räte und Kommissionen teilzunehmen. Blick wollte darum wissen: Wer war eigentlich da, und wessen Stuhl blieb am meisten leer? Blick kennt die Namen – und die Gründe für die Abwesenheiten.
Wer hat am meisten gefehlt?
Haben Sie schon mal was von Daniel Sormanni (74) gehört? Wohl wenige! Denn er liess sich letztes Jahr an 20 von 55 Sessionstagen entschuldigen. Das war mehr als jeder dritte Tag. Damit übernimmt der Genfer das unrühmliche Zepter von Roger Köppel (59, SVP), dem Absenzen-König 2023 im Nationalrat. Das zeigt die Liste der gemeldeten Abwesenheiten der Parlamentsdienste, welche Blick analysierte. Sormanni gehört dem Mouvement Citoyens Genevois an.
Auf Nachfrage von Blick erklärt Sormanni die Abwesenheit mit einer Operation an der Achillessehne. Diese habe ihm verunmöglicht, an der Sommersession teilzunehmen.
Auf dem zweiten Platz landete…
Am zweitmeisten gefehlt haben gleich zwei Parlamentarier, die sich nicht grün sind. Es sind SP-Politiker Pierre-Alain Fridez (67) und SVP-Nationalrätin Céline Amaudruz (45). Beide waren an 19 Tagen entschuldigt oder abwesend. Fridez begründet sein Fehlen mit dem Europarat, dessen Vizepräsident er während des Jahres 2024 war. Zudem habe er an mehreren Tagen gefehlt, weil er alt Bundesrat Alain Bersets (52) Kandidatur für das Amt als Generalsekretär des Europarats unterstützt habe, sagt er gegenüber Blick.
Einen dramatischeren Grund hat das Fehlen von Amaudruz. Anfang Dezember machte sie öffentlich, dass es lebensbedrohliche Komplikationen bei ihrer Schwangerschaft gibt. Am Freitagabend vor dem Start der Winter-Session wurde sie notfallmässig ins Krankenhaus eingeliefert. Ärzte untersagten ihr, nach Bern zu reisen.
Auffällig viele Welsche fehlten
Was in der Absenzenstatistik auffällt: Es sind viele französischsprachige Parlamentarier, die oft fehlten. Denn auch der dritte Platz ist von einer Waadtländerin besetzt.
Allerdings macht auch Jacqueline de Quattro (64, FDP) medizinische Gründe für ihr Fehlen während der ganzen Frühlingssession geltend. «Ich fehle nur bei Arzt- oder Spitalbesuchen», sagt sie gegenüber Blick. Dies führte zu 15 Tagen, an denen sie abwesend war. Nach über 40 Jahren Kampfsport seien bei ihr «leider ein paar Reparaturen fällig» gewesen, sagt de Quattro. Sie habe Probleme in Knie, Hüfte, Rücken.
Gutes Zeugnis für Mehrheit des Parlaments
Es gibt auch Gutes zu berichten: Von den 200 Mitgliedern des Nationalrats haben viele keinen einzigen Tag gefehlt – jedenfalls gemäss Abwesenheitsliste.
144 Parlamentarier von Links bis Rechts tauchen nicht auf der Liste auf. Darunter sind beispielsweise die Partei- oder Fraktionschefs aller Parteien: Gerhard Pfister (Mitte, 62), Marcel Dettling (SVP, 43), Cédric Wermuth (SP, 38), Aline Trede (Grüne, 41), Damien Cottier (49, FDP) oder Jürg Grossen (GLP, 55).
Im Nationalrat wird die Anwesenheit durch die Unterschrift in der Präsenzliste bezeugt. Allerdings kann man sich gut auch am Morgen eintragen und dann am Nachmittag verschwinden. So kann die Absenzenliste frisiert werden.
So fehlte gemäss Absenzenliste SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (34) keinen Tag im letzten Jahr. Doch sie war am 12. Dezember am Bundesgericht in Lausanne anwesend – dieses entschied an jenem Tag, dass die Abstimmung über das Frauen-Rentenalter nicht wiederholt wird.
Die Bernerin nahm an verschiedenen Abstimmungen im Rat nicht teil, das bezeugen auch die Protokolle. Genauso fehlte ihre Partei-Kollegin Mattea Meyer (37), die ebenfalls in Lausanne am Gericht war, sie liess sich an diesem Tag entschuldigen. Das Beispiel zeigt: Findige Parlamentarier können sich der Statistik auch entziehen.