Auf den Intensivstationen hat es fast keine freien Betten mehr, die Omikron-Variante breitet sich aus. Der Bundesrat stand also unter Zugzwang, als er am Freitag über neue Corona-Massnahmen entscheiden musste.
Und die Landesregierung verschärfte tatsächlich mehr als noch Mitte Woche zu erwarten war. Ab Montag gelten folgende Regeln:
- 2G: In den Innenräumen von Restaurants, Kultur-, Sport- und Freizeitbetrieben sowie an Veranstaltungen drinnen gilt neu 2G statt 3G: Nur noch Geimpfte und Genesene haben Zutritt. Ausserdem gilt Maskenpflicht und eine Sitzpflicht beim Essen und Trinken.
- 3G: Für Veranstaltungen draussen mit mehr als 300 Personen gilt weiterhin 3G-Pflicht. Auch Getestete kommen also rein.
- 2G+: Überall dort, wo keine Maske getragen werden oder man beim Essen und Trinken nicht sitzen kann, gilt 2G+: Geimpfte und Genesene müssen zusätzlich einen negativen Test vorweisen. Keinen Test müssen Personen machen, deren vollständige Impfung, Booster oder Genesung weniger als vier Monate her ist. Auch Kinder bis 16 Jahre sind ausgenommen. Die 2G+-Regel gilt z.B. für Bars, Clubs, Musikproben oder Hallenbäder.
- Homeoffice-Pflicht: Es muss wieder von daheim aus gearbeitet werden. Ist das Arbeiten vor Ort notwendig, gilt Maskenpflicht.
- Nur noch ein Test bei Einreise: Der Bund passt das Einreise-Regime wieder an. Neu kann man vor der Einreise auch einen Antigen-Schnelltest machen statt eines PCR-Tests. Ersterer darf aber nicht älter als 24 Stunden sein. Die Pflicht, vier bis sieben Tage nach Einreise einen zweiten Test zu machen, entfällt.
- Maskenpflicht und 3G für Schulen: Ab der Sekundarstufe II gilt schweizweit eine Maskenpflicht. Der Bundesrat empfiehlt den Kantonen ausserdem, die Maske auch an den unteren Stufen für obligatorisch zu erklären. An den Hochschulen wird kein Fernunterricht eingeführt, aber es gilt neu 3G-Pflicht.
- Keine nicht-dringlichen OPs: Der Bundesrat empfiehlt den Spitälern, nicht dringende Operationen zu verschieben, um das Gesundheitspersonal zu entlasten.
Für Ungeimpfte werden die kommenden Wochen ungemütlich. Doch mit 2G+ kommen auch die Geimpften und Genesenen nicht ungeschoren davon. Gesundheitsminister Alain Berset (49) begründete die Verschärfungen mit einer «instabilen Lage». Die Fallzahlen bewegten sich auf einem sehr hohen Niveau. Zudem blieben viele Unsicherheiten wegen der Omikron-Variante.
Bloss kein Lockdown
Die Alternative der nun beschlossenen Massnahmen sei eine Schliessung: «Wir versuchen, nur das absolut Notwendige zu tun, mehr nicht. Wir hoffen, dass das genügt. Aber niemand hat die absolute Sicherheit, auch wir nicht.»
Teilschliessungen würde man in Betracht ziehen, sobald man merken würde, dass eine Überlastung des Gesundheitswesens absehbar ist, sagt Berset. «Das Verhindern einer Überlastung des Spitalsystems bleibt der Massstab.»
Booster ab vier Monaten möglich
Die grosse Überraschung ist, dass der Bundesrat die Bevölkerung aufruft, sich schon nach vier Monaten boostern zu lassen. Bis anhin beträgt die entsprechende Frist sechs Monate. Die Impfkommission werde ihre Empfehlung kommende Woche anpassen. Allerdings: Die Zulassung der Heilmittelbehörde Swissmedic gilt nach wie vor erst nach sechs Monaten – wie das haftungsrechtlich geklärt wird, dürfte spannend werden.
Die Kantone sind vom schnellen Boostern mässig begeistert. Die Verkürzung des Intervalls werde eine sehr starke Nachfragesteigerung auslösen, schätzen etwa die Gesundheitsdirektoren. Teilweise könne dies gegenüber heute eine Verdoppelung der Zahl der zum Booster berechtigten Personen bedeuten.
Doch Berset gab sich zuversichtlich: Die Kantone würden alles geben, um das möglich zu machen. (lha/sf)