Der 47. US-Präsident und wir
Was die Schweiz aus dem Trump-Triumph lernen kann

Warum bei uns ein Typ wie Trump keine Chance hätte, die Welt für die Schweiz komplizierter wird - und wir trotz allem Trump brauchen. Ein Kommentar zum Ausgang der US-Wahlen aus Schweizer Perspektive.
Publiziert: 06.11.2024 um 16:54 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2024 um 07:54 Uhr
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Donald Trump und seine Entourage: Hier bei der Siegesrede am 6. November 2024.
Foto: Anadolu via Getty Images
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Rolf CavalliStv. Chief Content Officer

Als Schweizer muss man es nicht verstehen: Amerika hat Donald Trump (78) erneut zum Präsidenten gewählt. Trotz seiner Lügen, Gesetzesbrüche und Beleidigungen. In der Schweiz hätte Trump keine Chance gehabt: Laut Umfragen lehnen ihn drei von vier Schweizerinnen und Schweizern ab.

Doch die Amerikaner hatten Gründe, Trump zu wählen. Die Mehrheit erhofft sich von ihm eine bessere Zukunft als von Kamala Harris. Es spricht gegen die Demokraten und ihre Kandidatin, dass Trump trotz allem mehr Menschen überzeugen konnte. Ein Trump-Wähler sagte: Ja, Trump sei ein Drecksack, aber wenigstens ein authentischer.

Als Schweizer können wir die Trump-Wahl vielleicht nicht verstehen, aber aus ihr lernen.

Die direkte Demokratie schützt uns

Wie glücklich sind wir, in einer direkten Demokratie zu leben! Wir sind nie einer einzelnen Figur ausgeliefert. Unsere Regierung hat gerade mal so viel Macht, wie es das Volk in einzelnen Sachfragen zulässt.

Die Schweiz ist auf Konsens aufgebaut. Von SVP bis SP, von Appenzell bis Zürich sind bei uns alle wichtigen Kräfte und Regionen eingebunden. Das bremst Radikalisierung. Doch das Auseinanderdriften in den USA mahnt uns, die Stärken unserer Demokratie noch mehr zu pflegen und zu schützen.

Für die Schweiz wirds komplizierter

Unter Trump wird auf dem Weltmarkt mit härteren Bandagen gekämpft. Als kleines Exportland profitierte die Schweiz lange vom Freihandel. Das ist mit Trumps «America first»-Strategie erst mal vorbei. Neue Zölle und Handelsbarrieren werden auch unsere Wirtschaft herausfordern.

Ähnlich die Sicherheitspolitik: Trump wird weniger in die Nato investieren und Europa so zwingen, ihre Verteidigung mehr selbst in die Hand zu nehmen.

Die Frage ist: Kann die Schweiz Trump? Also generell mit härteren Bandagen kämpfen und konkret – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – dem Trump-Amerika die Stirn bieten.

Ins Zentrum rückt auch die Frage: Kann die Schweiz Europa? Unser Beziehungsstatus lautet schon jetzt: Es ist kompliziert. Ein guter neuer Vertrag mit unserem wichtigsten Handelspartner EU wird angesichts der neuen «America first»-Ära noch wichtiger. Gleichzeitig darf sich die Schweiz nicht über den Tisch ziehen lassen. Verflixt schwierig.

Ähnlich die Sicherheit. Die Schweiz profitiert vom Schutzschild der Nato. Was, wenn dieses Sicherheitsnetz unter Druck von Trump reisst? Wie will die Schweiz Teil eines europäischen Sicherheitskonzepts werden, ohne ihre Neutralität aufzugeben?

Wir brauchen Trump

Trumps Welt ist schwarz-weiss: Sieg oder Niederlage, für mich oder gegen mich. Wir sollten ihn trotzdem nicht zum Feindbild machen. Wir brauchen ihn als Verbündeten. Ob im Wettbewerb mit China als neuer Weltmacht oder der Abwehr islamistischer Regimes und ihrem Kampf gegen westliche Werte – bei globalen Herausforderungen stehen wir Trump näher, als vielen von uns nach dieser Wahlnacht lieb sein mag.

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