Filippo Lombardi (64) kann es nicht lassen. 20 Jahre lang sass er für die CVP im Ständerat. Nun, eineinhalb Jahre nach seiner hauchdünnen Abwahl im Oktober 2019, will der ehemalige Fraktionschef zurück in die Politik. Am Sonntag soll er für die CVP (heute auf nationaler Ebene «Die Mitte») den einzigen Sitz in der Luganeser Regierung retten. Filippo Lombardi sagt: «Ich will der Stadt neuen Schwung geben.»
Um kandidieren zu können, ist der 64-Jährige im Januar extra aus der Nachbargemeinde Massagno TI nach Lugano gezogen. Dort lebt er im Haus seines Urgrossvaters, der einst Vize-Stadtpräsident war. Lombardis Umzug war nicht unumstritten. Er selber begründete ihn mit seiner Liebe zur Stadt und mit seinen beruflichen Tätigkeiten.
Schweinezucht in Kasachstan
Denn seit Dezember führt Filippo Lombardi unter anderem die Firma KS Genetics, die ihren Sitz an der Luganeser Seepromenade hat. «Ich habe nach meiner Abwahl verschiedene Firmen gegründet», sagt er. «Etwas musste ich ja tun.»
Die KS Genetics entwickelt Projekte im Bereich der Tiergenetik und vermarktet weltweit Landwirtschaftsprodukte. Das Geschäftsmodell basiert auf Lombardis guten Beziehungen. Das zeigt das aktuelle Projekt: Die KS Genetics unterstützt einen ukrainischen Agro-Investor beim Aufbau einer Schweinezucht in Kasachstan. Dafür reiste Filippo Lombardi im Frühjahr eigens in die kasachische Millionenstadt Almaty, um das Projekt mit dem ukrainischen Partner und den lokalen Behörden aufzugleisen.
«Schweizer Technologie» als Trumpf
Konkret soll laut der NGO-Plattform Farmlandgrab.org ein Zuchtbetrieb für 50'000 Schweine geschaffen werden. Die Investitionskosten sollen rund 30 Millionen Euro betragen. Doch wohin mit all dem Schweinefleisch in einem muslimischen Land? «Wir wollen die fertigen Produkte nach China exportieren», sagte Lombardis ukrainischer Geschäftspartner Sergei Kasjanow beim Treffen in Almaty.
Noch fehlt dem Projekt die Bewilligung. Dass die Partner mit «Schweizer Technologie» werben können, dürfte jedoch ein grosser Vorteil sein. «Wenn das Projekt tatsächlich umgesetzt wird, werde ich wieder als Berater tätig sein», sagt Lombardi.
Guter Draht zu den Mächtigen
Dass der CVP-Politiker in Kasachstan aktiv ist, ist kein Zufall. Bereits 2013 reiste er als Ständeratspräsident in die kasachische Hauptstadt Astana (heute: Nur-Sultan) und traf sich dort mit dem damaligen Senatspräsidenten Kassym-Schomart Tokajew (67), der das Land heute regiert.
Knapp vier Jahre später legte er gemeinsam mit dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta (48) am Rande der Expo 2017 in Astana den Grundstein für sein heutiges Engagement: Im Beisein von Bundespräsidentin Doris Leuthard (58) unterzeichnete Staatsrat Vitta für den Kanton Tessin ein «Memorandum on Cooperation» mit der Region Almaty, wo die Schweinezucht entstehen soll.
Der Gouverneur der Region, Amandyk Batalow (68), der das Abkommen 2017 unterzeichnete, war es auch, der Filippo Lombardi in diesem Frühjahr wieder empfing. «Wenn man die Leute kennt, hilft das sicher», sagt Lombardi.
Reisebudget gesprengt
Der CVP-Politiker weiss, wovon er spricht. Bereits als Parlamentarier pflegte er beste Kontakte zu den Mächtigen der Welt. Als Ständeratspräsident reiste er in 22 Länder und sprengte damit das Reisebudget derart, dass der Bundesrat über einen Nachtragskredit befinden musste. Nicht nur die Vielfliegerei, auch Lombardis enge Kontakte nach Russland und seine Sympathien für Präsident Wladimir Putin (68) sorgten teilweise für Kritik.
Das dürfte den Wahlausgang in Lugano allerdings kaum beeinflussen. Lombardi ist bekannt und geniesst auch ausserhalb seiner Partei Sympathien. Seit dem Trauma bei den Ständeratswahlen 2019, als ihm bloss 46 Stimmen auf die besser platzierte Marina Carobbio (54, SP) fehlten, will sich Filippo Lombardi jedoch nicht zu früh freuen: «Ich rechne mit nichts mehr», sagt er. Sollte es nicht klappen, kann er immer noch auf die kasachischen Schweine hoffen.