Über Nacht wechselte Parmelin das Lager
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Das gilt ab Montag:Über Nacht wechselte Parmelin das Lager

Corona-Verschärfungen
Über Nacht wechselte Parmelin das Lager

Wegen des mutierten und ansteckenderen Coronavirus verschärft der Bundesrat die Massnahmen. Offenbar war sich die Landesregierung einig, dass der Lockdown nötig ist – mit Ausnahme von Ueli Maurer.
Publiziert: 13.01.2021 um 21:14 Uhr
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Aktualisiert: 14.01.2021 um 05:49 Uhr
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Damit hat der Bundesrat so manchen überrascht: Er verschärft die Corona-Massnahmen.
Foto: Keystone
Gianna Blum, Daniel Ballmer, Ruedi Studer, Pascal Tischhauser und Johannes Hillig

Bis kurz vor der Bundesratssitzung am Mittwoch war die Sache offen. Über Nacht waren zwar intensive Gespräche zwischen den Mitgliedern der Landesregierung gelaufen, aber es blieb unklar, ob nur schon die Restaurant-Schliessungen verlängert würden. Weitergehende Massnahmen schienen kaum mehrheitsfähig.

Doch dann der Knall! Der Bundesrat schliesst Läden, verhängt eine Homeoffice-Pflicht und begrenzt Treffen auf fünf Personen. Was ist geschehen?

Bundesratsnahe Kreise berichten, die Sitzung habe eine ganz eigene Dynamik bekommen, als sich die Regierungsmitglieder über das Papier von Gesundheitsminister Alain Berset (48) beugten.

Die Meldungen aus Irland und Grossbritannien zum neuen Mutantenvirus hätten erschreckt. Denn dort sind die Fallzahlen explodiert. Am 12. Dezember hatte Irland noch 258 Corona-Fälle verzeichnet, am 10. Januar waren es schon 6532 Fälle. Die Briten hatten am 4. Dezember 14'507 Fälle, am 9. Januar bereits 59'829.

50 bis 70 Prozent ansteckender

Das mutierte Virus ist 50 bis 70 Prozent ansteckender als die ursprüngliche Variante. Und schon jetzt verbreitet sich das Mutantenvirus rasant in der Schweiz. Die Zahl der Neuinfektionen könnte sich wöchentlich verdoppeln.

Eine Entwicklung wie in Grossbritannien droht auch uns, wie Epidemiologe Andreas Cerny sagt. Und: «Mit einem Gesundheitssystem, das fast bis zum Anschlag belastet ist, haben wir schlechte Karten.»

Denn: Verzeichneten auch wir solch horrende Infektionszahlen, könnte es schwierig werden mit dem Impfen. Das medizinische Personal müsste sich um die Erkrankten kümmern, und die Kranken könnten nicht geimpft werden.

Und wie Berset warnte: «Die dritte Welle kommt im Februar.» So oder so. Doch die gute Nachricht laut ihm ist, dass wir jetzt noch Zeit hätten, um zu reagieren. «Noch ist es früh genug, um wirksame Massnahmen zu ergreifen.» Das hat den Bundesrat – bis auf ein Mitglied – überzeugt.

Maurer allein im Bundesrat

Einzig Ueli Maurer (70) nicht. Er soll sich in der Bundesratssitzung nicht nur gegen jegliche Verschärfungen ausgesprochen haben, sondern er verlangte gar Lockerungen. Denn bei all den Vorschlägen zur Bekämpfung des Virus fehle das Preisschild, argumentierte er.

Alles vergebens. Neben den beiden SP-Bundesräten Simonetta Sommaruga (60) und Berset sowie Viola Amherd (58), die sowieso für schärfere Massnahmen waren, zogen auch die freisinnigen Bundesräte mit. Und SVP-Magistrat Guy Parmelin (61). Er agierte als derjenige, der sein Volk als neuer Bundespräsident zu schützen hat.

Dabei war für Beobachter am Vortag noch nicht klar, dass Parmelin sich derart in die Rolle des Landesvaters finden würde.

Das dürfte für SVP-Kollege Maurer besonders schmerzhaft gewesen sein. So hielt er vor den Medien nicht mit seinem Frust zurück, den er «jetzt mal loswerden» müsse. Zu sehr fokussiere man auf die Massnahmen für die nächsten Wochen, klagte der Finanzminister. «Wirtschaftlich werden sie uns noch 10 bis 15 Jahre beschäftigen.» Der Schweiz drohe ein horrender Schuldenberg.

SVP tobt

Frustriert zeigt sich nicht nur Maurer, sondern die ganze SVP. Sie kritisiert den Bundesratskurs schon lang. Nun hat sich mit Parmelin ausgerechnet noch einer der Ihren auf die Seite der Lockdown-Befürworter geschlagen. Während Parmelin sich vor den Medien staatsmännisch gab, tobt die SVP.

Allen voran Fraktionschef Thomas Aeschi (42). «Mit diesen Massnahmen treibt der Bundesrat die Schweiz in die Armut», warnt er. Die Folgen seien Massenarbeitslosigkeit und Massenarmut. Dabei seien derzeit sämtliche Indikatoren wie die Fallzahlen, die Hospitalisierungen oder Todesfallzahlen am Sinken. Die nationalrätliche Wirtschaftskommission habe sich deshalb klar gegen weitere Verschärfungen geäussert, so Aeschi. «Aber der Bundesrat pfeift auf die Legislative.»

Die SVP will nun sofort für Anfang nächster Woche eine ausserordentliche Session beantragen. In Kürze werde ein entsprechender Brief an die Parlamentsdienste verschickt. Ziel: Die Verschärfungen sollen rückgängig gemacht werden. Und: «Wir wollen auch die angedachten Verlängerungen der bestehenden Massnahmen bis Ende Februar verhindern», stellt Aeschi klar.

Gössi moderater

Weniger kritisch äussert sich FDP-Präsidentin Petra Gössi (45). Für sie ist es entscheidend, dass die Infektionszahlen deutlich gesenkt werden können. «Dazu müssen die Massnahmen von der Bevölkerung mitgetragen werden», betont sie. Die Verschärfungen müssten deshalb nachvollziehbar sein. Das sei noch zu wenig der Fall.

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