Herr Jositsch, auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (unbedingt) – wie fest wollen Sie Bundesrat werden?
Daniel Jositsch: Ich will dieses Amt – aber ich will es nicht unbedingt. Das heisst, ich kann sehr gut damit leben, nicht nominiert zu werden. Auf der Skala ausgedrückt: Wollen: 10 – unbedingt: 0.
Sie sind auch dieses Mal vorgeprescht. Ihre Medienkonferenz haben Sie angekündigt, noch bevor die SP Schweiz überhaupt öffentlich informiert hat, was die Kriterien für eine Kandidatur sind. Warum diese Eile?
Ich habe es nicht eilig. Ich habe einfach gesagt: In dem Moment, in dem die Regeln bekannt sind, gebe ich meine Kandidatur bekannt. Was habe ich davon, wenn ich noch länger warte und so tue, als hätte ich mich noch nicht entschieden? Im Übrigen: Wer ein Amt will, muss ja nicht monatelang rumstudieren.
Warum glauben Sie, dass Sie der Richtige sind für das Amt?
Ob ich der Beste wäre, weiss ich natürlich nicht. Ich weiss schliesslich nicht, wer sonst noch kandidiert. Aber ich glaube, ich bringe relativ breite berufliche und politische Erfahrungen mit. Ich kann sehr gut mit den anderen Parlamentarierinnen und Parlamentariern zusammenarbeiten, ich kenne die Bundesrätinnen und Bundesräte sehr gut und glaube, auch mit ihnen zusammenarbeiten zu können. Das Wichtigste ist: Ich habe den Willen, meinen Beitrag zu leisten zur Lösung der grossen Herausforderungen, mit denen unser Land konfrontiert ist. Ich habe die Motivation, diesen schwierigen, herausfordernden und verantwortungsvollen Posten zu übernehmen.
Ein Manko ist, dass Sie keine Exekutiverfahrung haben. Das einzige, was Sie in dieser Hinsicht vorweisen können, ist das Präsidium des KV-Verbands. Reicht das?
Unterschätzen Sie nationale Verbände nicht! Schauen Sie: Sie können nicht immer alles haben. Ich bin ein typischer, klassischer Milizpolitiker. Ich wollte nie Regierungsrat werden, weil ich an der Universität Zürich eine interessante Tätigkeit habe. Es ist an den Leuten in meiner Fraktion und in der Bundesversammlung zu entscheiden, welches Profil sie wollen.
Im vergangenen Dezember haben Sie mit Ihrem Alleingang die Partei, Fraktion und insbesondere die SP-Frauen vor den Kopf gestossen. Glauben Sie tatsächlich, Sie konnten die Wogen glätten, indem Sie einräumten, die Kommunikation sei nicht optimal gewesen?
Das ist in erster Linie eine Frage von Befindlichkeiten. Ich bin mit allen im Gespräch. Einige können die Kritik inzwischen etwas relativieren, einige weniger. Wichtig ist, welche Überlegung sich die Fraktion macht. Es geht nicht darum, mit wem man am liebsten in die Ferien geht. Sondern: Wer kann den Sitz verteidigen? Und vor allem: Wer kann wirkungsvoll sozialdemokratische Interessen in den Bundesrat einbringen?
Entscheidend wird, ob Sie es aufs Ticket der SP schaffen. Falls nicht – und Sie am 13. Dezember trotzdem Stimmen holen: Kommts dann zum gleichen Spiel wie letztes Mal – oder haben Sie etwas daraus gelernt?
Ich bin nach wie vor der Meinung: Wegen 58 Stimmen im ersten Wahlgang nach vorne zu treten und vor der gesamten Eidgenossenschaft eine Erklärung abzugeben, das wäre anmassend und übertrieben gewesen. Ich finde es richtig, dass ich das nicht gemacht habe.
Würden Sie die Wahl auch annehmen, wenn Sie als Sprengkandidat gewählt würden?
Ich habe mit aller Klarheit gesagt – und zwar schon immer: Ich akzeptiere voll und ganz die Entscheidung der Fraktion, wer auf das Ticket kommt. Ob ich darauf bin oder nicht.
Was sagt Ihre Lebenspartnerin zu Ihren Plänen, Bundesrat zu werden?
Die Begeisterung hält sich natürlich in Grenzen. Wichtig ist, dass man in einer Partnerschaft den Willen hat, Prioritäten zu setzen, Räume zu schaffen, um sich zu sehen. Aber natürlich, Bundesrat ist ein sehr zeitintensives Amt, von daher würden wir sicher weniger Zeit füreinander haben.