Auf einen Blick
- 16-jähriges Mädchen will Geschlecht ändern
- Bundesgericht bestätigt: Elternzustimmung für Geschlechtsänderung nicht erforderlich
- Neues Gesetz trat am 1. Januar 2022 in Kraft
Das 2007 geborene Mädchen wurde im Februar 2023 der Jugendschutzbehörde des Kantons Genf gemeldet. Es wurde eine Erziehungsbeistandschaft, eine Familientherapie und eine Unterbringung im Heim angeordnet. Das Sorgerecht und die elterliche Obhut wurden den seit Januar 2022 geschiedenen Eltern vorläufig entzogen. Dies geht aus einem am Donnerstag publizierten Urteil des Bundesgerichts hervor.
Im November 2023 forderte die Kinder- und Erwachsenenschutzbehörde die Eltern auf, die Ausweispapiere ihrer Tochter der Beiständin zu übergeben, damit beim Zivilstandsamt eine Änderung des Geschlechts und des Vornamens erfolgen kann. Ein solches Verfahren ist in Artikel 30a des Zivilgesetzbuches (ZGB) vorgesehen, der am 1. Januar 2022 in Kraft getreten ist. Er gilt für Personen, die über 16 Jahre alt und urteilsfähig sind.
Eltern: Beamte sei nicht qualifiziert
Die Eltern wehrten sich vor der Genfer Justiz vergeblich gegen den Entscheid ihrer Tochter. Sie sind im Wesentlichen der Ansicht, dass ein Beamter nicht qualifiziert sei, die Urteilsfähigkeit einer minderjährigen Person zu beurteilen. Eine solche Aufgabe müsse zwingend einem auf Geschlechterfragen spezialisierten und erfahrenen Psychiater übertragen werden, der die Auswirkungen dieses administrativen Schritts berücksichtigen müsse.
Das Bundesgericht hält fest, der Genfer Entscheid beziehe sich auf die Aushändigung der Ausweispapiere. Die Zustimmung der Eltern für eine Änderung des Eintrags zum Geschlecht sei nicht erforderlich. Das Gericht hat bei der Beurteilung des Falls auch die Entstehungsgeschichte von Artikel 30a ZGB berücksichtigt. Daraus geht hervor, dass ausdrücklich auf das Vorlegen eines ärztlichen Attests verzichtet werden sollte.
Parlament fand Kompromiss
In der parlamentarischen Debatte drehte sich die Diskussion vor allem um eine Art Elternvereinbarung. Der Nationalrat lehnte eine solche Vereinbarung ab, während der Ständerat sie für notwendig erachtete. Schliesslich wurde ein Kompromiss gefunden, indem die Altersgrenze auf mindestens 16 Jahre festgelegt wurde.
Das Gericht erinnert daran, dass der neue Gesetzesartikel darauf abziele, die Änderung des Geschlechts im Zivilstandsregister zu vereinfachen. Das Gerichtsverfahren werde durch eine Erklärung ersetzt und auf medizinische Gutachten oder andere Bedingungen verzichtet.
In diesem Sinne sei die Absicht des Gesetzgebers klar und den Beschwerdeführern gelinge es nicht, nachzuweisen, dass die Auslegung von Artikel 30b durch die Genfer Justiz gegen Bundesrecht verstosse. In der angefochtenen Entscheidung betonte letztere, dass die Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten lediglich ein Verwaltungsakt sei, der in keinem Zusammenhang mit körperlichen Eingriffen zur Geschlechtsumwandlung stehe und daher widerrufbar sei.