Für den Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr (SP, 61) sind sie das grösste Problem: Rückkehrer aus Risikogebieten. 45 Länder stehen auf der Liste des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Wer in Spanien, Serbien oder St. Maarten Ferien gemacht hat, muss eigentlich zehn Tage in Quarantäne.
Doch viele haben keine Lust auf Isolation und melden sich nicht beim Kanton – obwohl sie das müssten. «Wir können nicht allein auf die Freiwilligkeit und Ehrlichkeit der Rückreisenden zählen», konstatiert Fehr.
Fehr hat lange genug gewartet
Die Fluggesellschaften erfassen die Passagier- und Reisedaten zwar bereits seit Mitte Juli. Die Daten erhält der Bund, der sie an die Kantone weiterleitet. Nur: Die Daten fliessen spärlich. Die Kantone kritisierten in den letzten Wochen, dass sie die Quarantänepflicht nicht kontrollieren könnten, solange ihnen der Bund zu wenig Daten liefere.
Fehr handelt nun. «Wir haben einen Monat lang auf die Daten des Bundes gewartet. Nun haben wir das Problem selbst gelöst.» Er holt sich die Passagierdaten kurzerhand selbst bei den Fluggesellschaften. Konkret leitet die Flughafenpolizei die ausgefüllten Kontaktformulare an das Zürcher Contact Tracing weiter. Dieses erfasst laut den Zürcher Behörden ausschliesslich die Daten von Personen mit Wohnsitz im Kanton Zürich. «Wir könnten die Arbeit aber auch für andere Kantone übernehmen – sofern diese das wünschen», bietet Fehr an.
Finden die Zürcher Contact Tracer heraus, dass sich Personen nicht an die Melde- und Quarantänepflicht halten, können sie diese der Polizei melden. Quarantäne-Sündern droht eine happige Busse von bis zu 10'000 Franken.
«Ich sehe hier kein Problem»
Datenschutzrechtliche Bedenken hat der Zürcher Sicherheitsdirektor nicht. «Ich bin Jurist – und ich sehe hier kein Problem.» Weil sich Reisende aus Risikogebieten bei den Zürcher Behörden melden müssten, habe man die Kontaktdaten also ohnehin. «Und für diejenigen, die ihrer Pflicht nicht nachkommen, führen wir die Daten eben nach.»
Allerdings: Abgeklärt hat Fehr die Datenschutzfrage nicht. Dominika Blonski, die Zürcher Datenschutzbeauftragte, wurde nicht einbezogen, wie sie auf Anfrage sagt.
Auch der oberste Datenschützer gibt sein Okay
Laut dem Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) ist Datenschutz aber kein Problem. «Solange der Kanton Zürich nur Zürcher Daten bearbeitet und speichert, ist das Vorgehen aus Sicht des EDÖB verhältnismässig», sagt Sprecher Hugo Wyler. Auch eine Weitergabe der Daten sei zulässig – sofern andere Kantone nur die Daten erhalten, die ihren Kanton betreffen.
Beim Bund kommt Fehrs Alleingang gar nicht gut an. «Wir haben grosse Fragezeichen in Bezug auf die Legalität», sagte Patrick Mathys vom BAG. Bedenken habe man vor allem dann, wenn es zu Verzögerungen führen würde oder der Bund gar keinen Zugriff mehr hätte.
Der Bund müsse sich keine Sorgen machen, sagt Fehr: «Die Passagierdaten sind eine Stunde bei uns, dann leiten wir sie weiter.» Es gehe ohnehin nicht darum, den Bund unter Druck zu setzen. Man handle aus «Notwendigkeit», sagt Fehr. «Die Menschen kommen jetzt aus den Ferien nach Hause. Wir müssen jetzt handeln, nicht in vier Wochen.»