Die Impf-Offensive in der Schweiz kommt nur langsam aus den Startlöchern. Bisher richtete sich die Kritik vor allem gegen den Bund: Die Kantone werfen ihm vor, dass er nicht genügend Impfstoff eingekauft habe. Doch nun zeigt sich: Eine Reihe von Kantonen schafft es nicht einmal, die wenigen verfügbaren Dosen unter die Menschen zu bringen.
66'000 Dosen wurden in der Schweiz bis am vergangenen Donnerstag verimpft. Das sind lediglich 15 Prozent des bisher vorhandenen Serums. Im Rückstand sind besonders die Waadt und das Wallis, aber auch Baselland. Alle drei Kantone haben erst ein Viertel des Impfstoffs verabreicht, den sie an Lager haben.
Etwas besser sieht es im Aargau und in Zürich aus, schreibt die «NZZ am Sonntag». Das Tessin dagegen hat schon mehr als 80 Prozent der Dosen gebraucht. Ähnlich sieht es in Graubünden, Nidwalden und Neuenburg aus.
Wer weniger als die Hälfte des Serums verimpft, erhält keines mehr
Weil das Tempo so unterschiedlich ist, sollen die Verantwortlichen des Bundes darüber nachdenken, den Verteilschlüssel zu ändern. Bisher teilte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Impfstoff nach der Zahl der Risikopatienten zu. Das könnte sich bald ändern.
Neu sollen langsame Kantone leer ausgehen: Hat ein Kanton weniger als die Hälfte des Serums verimpft, erhält er keines mehr. Wer die Dosen schnell aufgebraucht hat, soll dagegen mehr bekommen. Die «NZZ am Sonntag» verweist dabei auf bundesratsnahe Quellen. Der Bund wolle die Lage bis Ende nächster Woche beobachten. Vielleicht handle es sich bloss um Startschwierigkeiten. Ansonsten schalte sich das BAG ein.
Kantone wollen von eigenen Versäumnissen ablenken
Mit der Kritik an der Einkaufspolitik hätten die Kantone davon ablenken wollen, dass sie es selbst versäumt hätten, rechtzeitig Impfzentren einzurichten, ist aus Bern zu hören. Das unterschiedliche Tempo war am Samstag auch Thema einer ausserordentlichen Sitzung von Gesundheitsminister Alain Berset (48) und den kantonalen Gesundheitsdirektoren.
«Im Moment kommen nicht alle Kantone hinterher mit Impfen», wird Lukas Engelberger (45) zitiert, der Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren. Es fehle teilweise an Personal und Infrastruktur. So hat der Kanton Bern noch nicht alle geplanten Impfzentren eröffnet, Zürich sucht sogar noch nach Betreibern.
Kantone hätten sich auf Ende Januar eingestellt
Marktzulassungen und erste Lieferungen seien früher eingetroffen als erwartet. «Vermutlich hatten sich einige Kantone darauf eingestellt, erst gegen Ende Januar mit den Impfungen zu beginnen», so Engelberger. Die Bevölkerung erwarte aber, dass geimpft werde, sobald Serum da sei.
Die Kantone suchen nun nach Lösungen. Fachleute berieten gemäss Engelberger über eine Tauschaktion. Kantone ohne eingespielte Impfstrukturen könnten einen Teil ihrer Dosen abgeben an andere, die sie rasch verimpfen können. Im Gegenzug erhielten sie Kontingente von Stoffen, deren Handhabung weniger anspruchsvoll ist.
Klar ist: Eine Beschleunigung ist notwendig, sonst platzt die ab dem zweiten Quartal geplante Massenimpfung mit 75'000 Dosen pro Tag. (dba)