Bürgerliche laufen auf
Aargauer Regierung gegen Verschärfung bei Einbürgerungen

Der Aargauer Regierungsrat lehnt die Forderung bürgerlicher Politiker für eine Verschärfung des kantonalen Einbürgerungsrechts grundsätzlich ab. Bei den Bedingungen des strafrechtlichen Leumunds muss gemäss Regierungsrat das Verfassungsrecht erfüllt werden.
Publiziert: 27.01.2023 um 13:06 Uhr
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Aktualisiert: 27.01.2023 um 13:35 Uhr
Der Kanton Aargau hat eines der strengsten Einbürgerungsgesetze der Schweiz.
Foto: Keystone

Mit dem bestehenden kantonalen Recht könne unter Berücksichtigung des Bundesrechts weiterhin eine «verfassungskonforme Ermessungsausübung» erfolgen, schrieb der Regierungsrat in der am Freitag veröffentlichten Stellungnahme.

Grossräte aus den Reihen von Mitte und SVP fordern in einer Motion, dass der für die kantonalen Einbürgerungsbehörden einsehbare Strafregisterauszug überhaupt keinen Eintrag mehr enthalten darf. Nach geltendem Recht darf im Auszug kein Eintrag von Verurteilungen wegen Verbrechen oder Vergehen stehen. Die Grossräte wollen noch weitere ähnliche Verschärfungen erreichen.

Sie reagierten mit der Forderung auf einen Beschwerdeentscheid des kantonalen Verwaltungsgerichts. Das Gericht entschied im Oktober, dass ein junger Ausländer gegen den Willen des Parlaments eingebürgert wird. Das Parlament lehnte das Gesuch im Juni mit 74 zu 50 Stimmen ab, weil der mittlerweile 18-Jährige drei Ladendiebstähle im Wert von 122.90 Franken begangen hatte.

«Unhaltbar» und «geradezu willkürlich»

Der Beschluss des Grossen Rats erweise sich insgesamt als «unhaltbar», hielt das Verwaltungsgericht fest. Der Entscheid sei als «geradezu willkürlich einzustufen». Der Beschwerdeführer habe entgegen den Feststellungen des Parlaments keinen hinreichenden Grund gesetzt, der die Ablehnung des Gesuchs zu rechtfertigen vermöge.

Der Regierungsrat hält zur Motion von SVP und Mitte fest, die Förderung könne dazu führen, «dass Rechtsgrundlagen geschaffen werden, die in der Praxis aufgrund des entgegenstehenden Verfassungsrechts (Verhältnismässigkeit und Rechtsgleichheit) nicht angewendet werden dürfen».

Der Regierungsrat erinnert zugleich an die Praxis des Bundesgerichts. Demnach dürfen die kantonalen und kommunalen Behörden bei der Beurteilung der Integration einzelnen Kriterien eine gewisse eigene Gewichtung beimessen.

Fokussierung auf ein einziges Kriterium unzulässig

Insgesamt müsse die Beurteilung aber ausgewogen bleiben und dürfe nicht auf einem klaren Missverhältnis der Würdigung aller massgeblichen Gesichtspunkte beruhen. Die Fokussierung auf ein einziges Kriterium sei unzulässig – es sei denn, dieses falle, wie etwa eine erhebliche Straffälligkeit, bereits für sich allein entscheidend ins Gewicht.

Der Regierungsrat ist bereit, das kantonale Einbürgerungsgesetz besser ans Bundesrecht anzupassen. Es gebe Bestimmungen, die nicht optimal seien. Das habe jedoch bislang nicht «zu grösseren Problemen» geführt. Im Falle von Widersprüchen gelte das Bundesrecht.

Das Kantonsparlament hatte diese Anpassung ans Bundesrecht im Jahr 2017 jedoch nach erster Beratung des Gesetzes verworfen. Der Regierungsrat möchte nun alles genau prüfen und einen Bericht verfassen.

Dieses Vorgehen komme auch dem Wunsch der Gemeinden entgegen. Diese hätten wiederholt gefordert, dass nach einer «gewissen gesetzgeberischen Hektik» nun eine Stabilität im Vordergrund stehen solle. Die Anpassungen seien immer auch mit einem grösseren Aufwand und zusätzlichen Fehlerquellen verbunden, hielten die Gemeinden fest. (SDA)

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