Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) ist in die Jahre gekommen. Die grösste Stunde der ausserparlamentarischen Kampforganisation Christoph Blochers (81), das Volks-Nein gegen den EWR-Beitritt, liegt bald 30 Jahre zurück. Dem frühen Höhepunkt folgte ein langsamer, aber steter Abstieg. Junge rückten nur wenige nach. Nimmt man die gestrige Jahresversammlung in der Berner Kaserne zum Gradmesser, dann hat die Auns kein Nachwuchsproblem. Sie hat keinen Nachwuchs.
Laut ihrem Gründungspräsidenten ist die Auns kein Faktor mehr in der Schweizer Politik. «Wir sind heute nicht in der Lage, mit der Auns einen Abstimmungssieg zu erreichen», sagte Blocher in seiner Ansprache gestern. «Wir sind nicht mehr referendumsfähig.»
Weg frei für die Fusion
So war die 36. Jahresversammlung der Auns wohl auch ihre letzte: Die Mitglieder beschlossen, den Weg frei zu machen für die Fusion mit dem sogenannten EU-No-Komitee und der Unternehmervereinigung gegen den EU-Beitritt. Eine grosse Mehrheit war dafür, doch nicht alle tragen die Zäsur mit: Dem skeptischen alt Nationalrat Luzi Stamm (69) wurde zu Beginn der Veranstaltung das Wort entzogen.
Blocher schwebt bereits ein Name für die neue Vereinigung vor: «Pro Souveräne Schweiz», kurz PSS. Erfolg versprechend scheint das nicht unbedingt. Unter dem Kürzel PSS sind seit einer Ewigkeit Sozialdemokraten in der Romandie unterwegs, die Parti socialiste suisse.
Wer übernimmt die Leitung?
Wer ab Oktober die Leitung der fusionierten Souveränisten übernimmt, ist ebenfalls unklar. Blocher wird es nicht sein. Noch-Auns-Präsident und SVP-Nationalrat Lukas Reimann (39) auch nicht: «Ich war lange genug dabei, es ist sicher gut, wenn nun neue Leute übernehmen.»
Reimann stört sich am Bild, das Gegner und Blocher vom Zustand der Auns zeichnen. «Inhaltlich ist sie ja aktueller denn je. Wir sind ein gesunder Verein, wenn auch die Mitglieder im Schnitt sicher etwas älter sind», sagte er am Rande der Versammlung. In Not sei man schon gar nicht, die Auns übergebe der neuen Organisation schliesslich 20'000 zahlende Mitglieder. «Ob wir nicht mehr referendumsfähig sind, darüber bin ich mir nicht sicher. Wir haben in den letzten Jahren viermal eine Initiative beschlossen und dann darauf verzichtet, auch, weil Christoph Blocher meinte, man solle sich auf das Rahmenabkommen konzentrieren.» Daher könne man der Auns nicht vorwerfen, sie sei nicht aktiv.
«Ich habe es gerne gemacht, aber Wehmut spüre ich keine», so Reimann. Mit Blick auf die neue Allianz, die Blocher zimmert, meint er, das müsse kein Flop werden und könne ein Neuanfang sein: «Aber jetzt kaufen wir halt schon die Katze im Sack, wenn man nicht recht weiss, was da kommt.»