So ganz scheinen sich Nationalrätin Priska Seiler Graf (52) und ihre SP noch nicht mit dem Volksentscheid abgefunden zu haben. Mit ultraknappen 50,1 Prozent hatte die Schweiz im vergangenen September dem Kauf neuer Kampfjets zugestimmt. Ein Zufallsmehr. Und ein Schock für Verteidigungsministerin Viola Amherd (58) und ihr VBS.
Ein Abrücken vom beschlossenen Plan war aber nie ein Thema. Das Auswahlverfahren steht unmittelbar vor dem Abschluss. Im Rennen sind noch vier Flugzeugtypen: die Rafale des französischen Herstellers Dassault, das Airbus-Flugzeug Eurofighter sowie die US-Jets F-35 von Lockheed Martin und der F/A-18 Super Hornet von Boeing. Noch vor den Sommerferien will der Bundesrat einen Entscheid fällen.
«Wir wollen ja nicht Moskau mit Bomben belegen»
Bereits auf der Zielgeraden bringt die SP nun noch einen neuen Flugzeugtyp ins Spiel: den Gripen C/D. Dieser weise deutliche Vorteile auf. Und er habe nichts mit dem Gripen zu tun, den das Volk 2014 abgelehnt hatte. Er sei kleiner und viel günstiger als die anderen vier Modelle. Dennoch erreiche er doppelte Schallgeschwindigkeit und habe sich im Luftpolizeidienst international bewährt.
«Für unsere Bedürfnisse ist der Gripen C/D völlig ausreichend», findet Seiler Graf. «Wir wollen ja nicht Moskau oder Lissabon mit Bomben belegen können.» Weil er nur über ein Triebwerk verfüge, stosse er auch nur halb so viel CO2 aus – was den Klimazielen des Bundes entgegenkomme. Also nicht nur billiger, sondern auch klimafreundlicher. Ein Bio-Bomber!
«Wir wissen, dass wir spät sind, aber wir sind noch nicht zu spät», sagt Sicherheitspolitikerin Seiler Graf. Nach einem solch knappen Abstimmungsergebnis sei es in der Schweiz gang und gäbe, auf den Verlierer zuzugehen. «Das ist aber nie passiert», sagt Seiler Graf. «Wir hätten auf etwas Bewegung beim VBS gehofft. Nun aber starten wir mit unserer Motion nochmals einen Versuch, um den Druck zu erhöhen.»
«SP will das Volk verunsichern»
Als Kompromiss biete die SP deshalb Hand zur Beschaffung eines leichteren Flugzeugs. Die Partei sei nie kategorisch gegen neue Jets gewesen. Die vier zur Debatte stehenden Hochleistungsjets seien aber überdimensioniert, sind die Sozialdemokraten überzeugt. «Hier wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen», kommentiert Seiler Graf. «Als wäre die Verkehrspolizei im Ferrari unterwegs.»
SVP-Nationalrat und Pilot Thomas Hurter (57) winkt ab. «Das wurde alles schon geprüft und ist alter Wein in neuen Schläuchen», findet er. Die SP sei einfach nicht ehrlich: Eigentlich wolle sie die Armee abschaffen. «Deshalb kommt sie immer wieder mit Störmanövern, wenn wichtige Entscheide anstehen», zeigt sich Hurter überzeugt. «Sie will das Volk verunsichern.» Dabei habe dieses den Jet-Kauf bereits abgesegnet.
In der Krise nicht mehr finanzierbar
Für die SP aber hat sich die Ausgangslage seither geändert. Damals habe noch niemand die enormen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Wirtschaft, Gesellschaft und die Bundesfinanzen erahnt, argumentiert die Partei. Mittlerweile aber habe der Bund zur Abfederung der Pandemie rund 38 Milliarden Franken beschlossen. «Die Folgekosten von 15 bis 20 Milliarden für einen der vier Hochleistungsjets können wir uns schlicht nicht mehr leisten», findet Seiler Graf. Der Gripen C/D sei dagegen viel günstiger zu haben, betont sie. «In solchen Zeiten gilt es, haushälterisch mit dem Geld umzugehen.» (dba)