Vom Büezer bis zum Bundesrat haben in der Schweiz ziemlich alle genug von der Corona-Krise. Die unsichere Zukunft, die einschränkenden Massnahmen und das ewige Homeoffice zerren an den Nerven. Doch die Nase gestrichen voll hat vor allem eine Altersgruppe: die Jungen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Umfrage-Instituts Link im Auftrag von BLICK.
Pünktlich zum ersten Öffnungsschritt des Bundesrats am 1. März, dank dem beispielsweise die Läden wieder Kunden empfangen dürfen, startete Link seine achttägige Befragung von mehr als 1100 Personen.
Rechtzeitig bevor die Landesregierung morgen Freitag über den zweiten Lockerungsschritt befindet, macht die BLICK-Umfrage klar, was die Bevölkerung vom Bundesrat erwartet: Vor allem die Jungen möchten mehr Tempo. Über 45 Prozent der 18- bis 50-Jährigen fordern eine Öffnung der Restaurants bereits im März. Weitere 20 Prozent könnten auch mit Anfang April leben – aber bitte nicht später.
«Das liegt vermutlich daran, dass diese Gruppe eher berufstätig ist – und damit auch stärker von den Massnahmen betroffen ist», erklärt Sabrina Pfister, promovierte Soziologin und Leiterin der Studie. Unterschiede bei den unter 35-Jährigen und der Altersgruppe 35 bis 50 Jahre gebe es relativ wenige.
Manch Älteren geht es zu schnell
Geduldiger sind die älteren Frauen und Männer ab einem Alter von 51 Jahren. 42 Prozent finden das Öffnungstempo genau richtig, fast jedem Fünften geht es gar eher etwas zu schnell. Auch mit dem Bier in der Beiz pressiert es ihnen weniger. Nur etwa ein Drittel von ihnen spricht sich dafür aus, die Restaurants schon im März wieder ganz zu öffnen. Allerdings: Danach soll es auch für sie bitte vorwärtsgehen. Ebenfalls etwa ein Drittel spricht sich für eine Öffnung im Verlauf des Aprils aus.
Unabhängig vom Alter ist die Gruppe der Öffnungsturbos ein bisschen grösser als bei den Geduldigen. Unterschiede gibt es bei den Regionen. Im Vergleich zur Deutschschweiz würden die Romands lieber etwas mehr aufs Gaspedal drücken, während im Tessin, wo die Pandemie im vergangenen Frühling zuerst ausbrach, mehr Vorsicht waltet.
Skepsis gegenüber Richtwerten
Zum Öffnungsdrang der Jungen passt, dass sie skeptischer gegenüber den Richtwerten sind. Werden die vier Werte erreicht, soll nach dem Willen der Landesregierung eine wesentliche Voraussetzung dafür geschaffen sein, um den zweiten Öffnungsschritt zu tun. Indikatoren wie etwa die Kapazitäten der Spitäler und dass weniger als fünf Prozent der Getesteten Corona-positiv sind, führen aber nicht automatisch zur Öffnung, wie Gesundheitsminister Alain Berset (48) betont hat.
Derzeit werden nicht alle Richtwerte eingehalten, deshalb ist unsicher, ob die Restaurants zumindest auf ihren Terrassen schon am 22. März wieder Gäste empfangen dürfen. Bei den älteren Semestern ist der Zuspruch zu den Richtwerten viel höher als bei den jüngeren: 71 Prozent begrüssen, dass endlich solche Werte veröffentlicht worden sind. Doch wenn die Jungen auf die Richtwerte blicken, ahnen sie, dass eine rasche Öffnung schwierig wird – weshalb sie die Werte kritischer sehen.
Unzufriedene Junge
Auch sonst sind die Jungen skeptischer. Sie beantworten die Frage, ob es zu viele Vorschriften gibt, eher mit Ja, und sie beurteilen den wirtschaftlichen Schaden als höher als ältere Menschen. Zudem können sie sich auch schlechter mit dem Lockdown arrangieren: Bei den über 50-Jährigen hat sich mehr als die Hälfte von ihnen an den Corona-Alltag daheim gewöhnt. Sie bezeichnen ihn gar als «normal».
Je jünger die Befragten, desto unzufriedener sind sie mit dem Lockdown. Nur 38 Prozent der unter 34-Jährigen erleben die Corona-Massnahmen als normalen Alltag – und ähnlich gross ist auch die Gruppe derjenigen, denen es nicht besonders gut geht oder denen schon die Decke auf den Kopf fällt.
Jeder vierte Tessiner kennt Corona-Toten
Persönlich betroffen von der Corona-Krise sind vor allem die Tessiner. Im Südkanton kennt jeder Vierte einen Corona-Toten. Allerdings sind in der Umfrage relativ wenige Bewohner im Südkanton befragt worden, wie Pfister warnt – daher könne die tatsächliche Betroffenheit geringer ausfallen.
Aber auch über die ganze Schweiz gesehen hat Corona tiefe Spuren hinterlassen – denn es sind über 10'000 Tote zu beklagen. Und 17 Prozent aller Schweizerinnen und Schweizer haben jemanden im Familien- oder Bekanntenkreis, der dem Virus erlegen ist.