39 ukrainische Flüchtlinge, die im Kanton Luzern leben, haben sich ans Kantonsgericht gewandt. Dieses soll prüfen, ob die Sozialhilfeansätze, die der Kanton an Asylsuchende zahlt, gegen Bundesrecht verstossen.
Denn die Luzerner Asyl-Sozialhilfe gehört zu den tiefsten im Land: 14.15 Franken pro Tag erhält ein Erwachsener, wenn er in einer Einzelunterkunft lebt. Wohnt er in einer Kollektivunterkunft wie einem Asylheim oder einer Zivilschutzanlage, sind es gar nur 11.50 Franken. Zum Vergleich: Sozialhilfebezüger mit Schweizer Pass, aber auch anerkannte Flüchtlinge erhalten mit 33.90 Franken mehr als das Doppelte.
Tiefe Pauschalen schon im Kantonsrat kritisiert
Mit diesen Ansätzen befindet sich Luzern am unteren Ende der Kantone. Laut der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) liegen die Tagespauschalen in den Kantonen für Asylsuchende in einer individuellen Unterkunft zwischen 9.70 und 26.80 Franken.
Die tiefe Asyl-Sozialhilfe war bereits Thema im Luzerner Kantonsrat. Gebracht hat es wenig – zwar hat der Regierungsrat diese per Anfang Jahr an die Teuerung angepasst – doch das macht pro Tag und Asylsuchenden gerade einmal 20 bis 30 Rappen mehr, wie der grüne Kantonsrat Urban Frye kritisiert.
«Damit kann man nicht leben»
Er steckt auch hinter dem Gang ans Gericht und trägt die Kosten für das Verfahren. Frye ist Initiant des ukrainischen Kulturzentrums Prostir in Reussbühl LU, aus dessen Umfeld alle Ukrainer stammen, die sich an die Richter wenden. Frye betont jedoch, dass das Anliegen sämtliche Asylsuchenden betreffe, nicht nur die Ukrainer, die den Schutzstatus S haben.
«Mit so wenig Geld kann man kein menschenwürdiges Leben führen», sagt er gegenüber dem «Bote der Urschweiz» und kündigt an, nötigenfalls werde man den Fall vor Bundesgericht und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Nach seiner Meinung sollte der Kanton Luzern zwischen 16 und 20 Franken pro Person und Tag zahlen.
Bereichert sich der Kanton an den Asylsuchenden?
Brisant: Frye wirft dem Regierungsrat die Zweckentfremdung von Bundesgeldern vor: «Der Kanton macht mit jedem geflüchteten Menschen, für die er Beiträge vom Bund bekommt, einen Gewinn von rund 200 Franken», sagt er und rechnet vor: Der Bund zahle den Kantonen pro Monat und Asylsuchendem 1500 Franken.
Darin ist die Sozialhilfe enthalten, aber auch Kosten wie Miete und Krankenkasse. Während aber beispielsweise der Kanton Aargau monatlich 550 Franken an die Asylsuchenden auszahle, seien es in Luzern nur 350. Wo die restlichen 200 Franken landeten, habe ihm der Kanton bislang nicht beantworten können.
Luzern will nachbessern
Vielleicht aber ist der Gang ans Bundesgericht oder nach Strassburg gar nicht mehr nötig: Der Regierungsrat brütet derzeit über einer Änderung der kantonalen Asylverordnung. «Dieser soll eine Erhöhung der Ansätze der wirtschaftlichen Sozialhilfe für Personen aus dem Asylbereich beinhalten», so der zuständige Sozialdirektor Guido Graf. Seine Direktion plane, den Entwurf noch im ersten Halbjahr 2023 in die Vernehmlassung zu geben. (sf)