«Warum sind sie in der sicherheitspolitischen Kommission?»
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Hurter greift Schlatter an:«Warum sind sie in der sicherheitspolitischen Kommission?»

Bei Armee-Debatte fliegen die Fetzen
Grüne raubt Stahlhelm-Fraktion den letzten Nerv

Marionna Schlatter von den Grünen musste bei der Debatte um die Aufstockung der Armee am Montag heftig einstecken – so sehr, dass ihr sogar die Partei in den sozialen Medien auf Twitter zu Hilfe eilte.
Publiziert: 10.05.2022 um 18:36 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2022 um 14:58 Uhr
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Ein Blankoscheck für Viola Amherd: Das Parlament stockt das Armeebudget um zwei Milliarden Franken auf.
Foto: keystone-sda.ch
Gianna Blum

Dass im Parlament die Debatten mal giftig werden, gehört zur Politik. Für die Grünen ging die Diskussion um die Aufstockung der Armee am Montag aber deutlich zu weit: «Bürgerliche Nationalräte, es reicht!», schrieb die Bundeshausfraktion der Grünen im Verlauf der Debatte auf Twitter.

Auslöser war der Umgang mit der Grünen-Fraktionssprecherin Marionna Schlatter (41), die sich in der Debatte giftigen Fragen der politischen Gegner stellen musste. Ob sie die Armeeunterlagen überhaupt gelesen habe, fragte eine angriffige Marianne Binder (63, Mitte). Oder deren Parteikollege Thomas Rechsteiner (60) warf ihr an den Kopf, sie solle doch bitte zugeben, dass sie die Abschaffung der Armee wolle.

Hurter lupft den Grünen den Hut

Das Fass zum Überlaufen brachte für die Grünen SVP-Nationalrat Thomas Hurter (58): Wieso Schlatter überhaupt in der Sicherheitspolitischen Kommission sitze, fragte er. Schliesslich wolle sie der Armee kein Geld zusprechen, obwohl sich das Volk doch dreifach für die Armee ausgesprochen habe. «Respektlos, undemokratisch und eines Parlaments unwürdig», kritisierten die Grünen darauf. Auch die grüne Nationalratspräsidentin Irène Kälin (35) rief die bürgerliche Ratshälfte dazu auf, bei der Sache zu bleiben.

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«Ich finde es fragwürdig, dass die Gegenseite den Boden der Sachpolitik verlassen hat», sagte Schlatter. Sie werte es aber auch als Zeichen der Stärke, dass der politische Gegner gleich zu zehnt mit Fragen auf sie losging. «Offensichtlich habe ich einen wunden Punkt getroffen: Es gibt schlicht kein Konzept, wie die zusätzlichen zwei Milliarden Franken Armeebudget eingesetzt werden sollen.»

Hurter kann mit der Kritik nichts anfangen. «Wenn man im Ratssaal so austeilt und Behauptungen in den Raum stellt, wie Schlatter das getan hat, muss man sich auch Fragen gefallen lassen», sagt der SVP-Nationalrat zu Blick. Er lasse den Vorwurf, Schlatters Legitimität infrage gestellt zu haben, nicht gelten. «Von einem Kommissionsmitglied hätte ich schlicht einen konstruktiveren Beitrag zur Debatte erwartet.»

«Kalter Krieg von gestern»

Es ist nicht das erste Mal, dass Schlatter zum Gesicht linker Sicherheitspolitik wird: Sie engagiert sich auch für die Stopp-F-35-Initiative der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA). Die Grünen unterstützen das Anliegen, das sich gegen den Kauf amerikanischer Kampfjets stellt. Schlatter, die im Kampagnenmaterial mit Foto vorkommt, flog die Aussage «Kalter Krieg war gestern» um die Ohren. FDP-Präsident Thierry Burkart (46) nutzte ihr Konterfei stante pede, um via Twitter zum Rückzug der Initiative aufzurufen.

«Für die Bürgerlichen bin ich ein rotes Tuch», sagt die Grünen-Nationalrätin und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission. Sie vermute, dass das damit zu tun habe, dass sie als linke Frau in der Sicherheitspolitik die Ausnahme sei. «Gezielt meine Kompetenz infrage zu stellen, ist da ein geradezu typischer Reflex der älteren, bürgerlichen Herren.»

SP schickte zweite Garde vor

Hier die Linke, dort die bürgerliche Stahlhelm-Fraktion – dieser Verteilung widerspricht Mauro Tuena (50), SVP-Nationalrat und Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission, nicht. «Marionna Schlatter ist sicherheitspolitisch am linken Rand und polarisiert dadurch in einem bürgerlich dominierten Gremium», sagt er. Er vermute, dass Schlatter just in der Debatte vom Montag deshalb so zur Zielscheibe geworden war, weil sie die einzige Sprecherin von linker Seite mit dezidiert armeekritischer Haltung gewesen sei.

Tatsächlich hielten die zwei SP-Sprecher Franziska Roth (56) und Pierre-Alain Fridez (64) jeweils demonstrativ fest, dass sie persönlich nicht hinter der Forderung nach der Abschaffung der Armee stünden – obwohl diese im Parteiprogramm stehe.

Schlatter hingegen begegnet dem Ruf einer Armee-Abschafferin ausweichender. «Die Bevölkerung hat mehrfach gegen eine Abschaffung der Armee gestimmt», hält sie fest. «Diesen Entscheid respektiere ich selbstverständlich.»

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