Trinkwasserleitungen müssen in der Schweiz spätestens alle 72 Stunden gespült werden. So steht es in einem Merkblatt, welches das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (Babs) Anfang Jahr an die Gemeinden verschickt hat. Der Grund: Spült man Leitungen nicht alle 72 Stunden, kann sich darin ein Bakterienfilm bilden. Diese Bakterien können Krankheiten auslösen.
In Büro- und Wohnhäusern ist dies kein Problem, weil dort die Leitungen regelmässig genutzt werden. Schwieriger wird es bei Liegenschaften, die nicht ständig bewohnt sind – etwa in den rund 2300 Zivilschutzanlagen der Schweiz.
Die 72-Stunden-Regel
Mit dem Merkblatt möchte der Bund die Trinkwassersicherheit in Zivilschutzanlagen und öffentlichen Gebäuden sicherstellen. Doch dieses stellt Gemeinden und Zivilschutzorganisationen nun vor logistische Probleme. Denn diese müssten die Wasserleitungen aller 2300 Anlagen alle drei Tage durchspülen.
Ist dies nicht möglich, müssen Schilder mit der Aufschrift «Kein Trinkwasser» an den Hähnen angebracht werden. Viele Gemeinden wählen wohl diese Option. Denn alle Anlagen regelmässig zu spülen, sei «logistisch schlicht ein zu grosser Aufwand». Das sagen mehrere Gemeinden und Zivilschutzorganisationen auf Anfrage von Blick.
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Nur eine Verlagerung der Probleme
Die «Kein Trinkwasser»-Symbole in den Schutzräumen verhindern jedoch bloss, dass jemand durch direkten Konsum von verunreinigtem Trinkwasser erkrankt. Doch das reicht nicht. Denn die Verunreinigungen in den Leitungen eines Gebäudes können auch in die öffentlichen Leitungen «zurückwachsen». Dadurch kann die Trinkwasserleitung ganzer Quartiere mit Bakterien durchsetzt werden. Um dies zu verhindern, müssten unregelmässig gespülte Leitungen plombiert werden.
Gleiches gilt auch für die Leitungen in Ferienwohnungen. Hier sind die Besitzer für das regelmässige Spülen oder Abstellen der Leitung zuständig. Trinkwasserexperte Matthias Mend (62) sagt dazu: «Die Besitzer sind in der Pflicht, sie sind sich dessen allerdings mangels Aufklärung oft nicht bewusst. Eine Tatsache, die ich immer wieder mit Erstaunen feststelle.»
Die Legionellose ist eine Infektionskrankheit der Atemwege. Tritt diese in Verbindung mit einer Lungenentzündung auf, nennt man sie auch Legionärskrankheit. Die Übertragung der Krankheit geschieht durch das Einatmen winzigster Wassertröpfchen.
Die Zahl der Legionellose-Fälle hat sich in den letzten 20 Jahren verfünffacht. Jährlich werden in der Schweiz zwischen 500 und 700 Fälle gemeldet. In fünf bis zehn Prozent der Fälle ist die Krankheit trotz Antibiotika tödlich.
Die Legionellen, welche die Krankheit auslösen, verbreiten sich am besten in 25 bis 45 Grad warmem Wasser. Die meisten Fälle treten deshalb auch im Sommer auf. Um vorzubeugen, sollte der Heisswasserboiler auf mindestens 55 Grad eingestellt und Kaltwasser nicht wärmer als 25 Grad werden.
Die Legionellose ist eine Infektionskrankheit der Atemwege. Tritt diese in Verbindung mit einer Lungenentzündung auf, nennt man sie auch Legionärskrankheit. Die Übertragung der Krankheit geschieht durch das Einatmen winzigster Wassertröpfchen.
Die Zahl der Legionellose-Fälle hat sich in den letzten 20 Jahren verfünffacht. Jährlich werden in der Schweiz zwischen 500 und 700 Fälle gemeldet. In fünf bis zehn Prozent der Fälle ist die Krankheit trotz Antibiotika tödlich.
Die Legionellen, welche die Krankheit auslösen, verbreiten sich am besten in 25 bis 45 Grad warmem Wasser. Die meisten Fälle treten deshalb auch im Sommer auf. Um vorzubeugen, sollte der Heisswasserboiler auf mindestens 55 Grad eingestellt und Kaltwasser nicht wärmer als 25 Grad werden.
Unzählige verschmutzte Leitungen in der Schweiz?
Es ist also davon auszugehen, dass es schweizweit eine riesige Anzahl von potenziell verschmutzten Leitungen gibt. Diese sind potenziell eine Bedrohung für unsere Trinkwasserversorgung. Bereits heute sind Krankheiten wie Legionellose (Legionärskrankheit) in der Schweiz auf dem Vormarsch.
Ob der Anstieg dieser Krankheit wirklich mit der Verschlechterung unseres Trinkwassers zusammenhängt, lässt sich laut Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nicht sagen. Fakt ist: Im letzten Jahr mussten in Zug und in Luzern Anwohner gewisser Quartiere ihr Wasser abkochen, da es von Bakterien befallen war.
Der Klimawandel wird das Problem noch verschärfen. Bakterien und Verunreinigungen finden bei höheren Temperaturen einen immer besseren Nährboden in unseren Leitungen vor.