Lange hat sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) erfolgreich gewehrt. Die Verträge mit den Impfstoff-Herstellern Pfizer, Moderna und Co. sollten unter dem Deckel gehalten werden. Im Dezember hatte sogar eine Mehrheit im Nationalrat die Offenlegung gefordert. Der Ständerat hatte den Forderungen dann aber eine Absage erteilt.
Nun aber kommt der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger (62) zu einem anderen Schluss: Das BAG müsse die betroffenen Impfstoff-Hersteller anhören und den «Zugang zu den Verträgen unter Beachtung des Verhältnismässigkeitsprinzips» gewährleisten.
Der Öffentlichkeitsbeauftragte sieht das Bundesamt also in der Pflicht, die Verträge auf Anfrage transparent zu machen. Gleichzeitig sei das BAG aufgefordert, beim Schwärzen von Textstellen in den Verträgen verhältnismässig vorzugehen. Das Ausmass ist allerdings jeweils eine Frage der juristische Auslegung.
Rechtsanwalt gewinnt gegen Bundesbeamte
Wie die CH-Media-Zeitungen berichten, kommt der Öffentlichkeitsbeauftragte damit dem Rechtsanwalt Rémy Wyssmann (54) entgegen. Dieser kämpfe seit vergangenem August auf privater Basis für eine Veröffentlichung der Verträge mit den Impfstoff-Herstellern. Der Solothurner SVP-Politiker habe gestützt auf das Öffentlichkeitsprinzip beim BAG um den Zugang gebeten.
Das BAG aber habe den Zugang verweigert mit der Begründung, dass die Beschaffung des Bundes von Corona-Impfstoffen noch nicht abgeschlossen sei. Und mit der geforderten Offenlegung von Verträgen würden «die wirtschaftspolitischen Interessen der Schweiz in den laufenden und zukünftigen Verhandlungen geschwächt». Das könne finanzielle Nachteile bei der Impfstoff-Beschaffung mit sich bringen.
Noch hat das BAG aber die Möglichkeit, eine Verfügung gegen die Empfehlung des Öffentlichkeitsbeauftragten zu erlassen. Rechtsanwalt Wyssmann sei allerdings wild entschlossen, den Fall dann ans Bundesverwaltungsgericht weiterziehen, berichtet CH Media. Dort habe er wohl gute Chancen. In den meisten Fällen stützt das Gericht die Empfehlung des Öffentlichkeitsbeauftragten.
Pharmaverband hat grosse Bedenken
Gar nicht einverstanden zeigt sich Interpharma. Der Verband der forschenden Pharmaunternehmen in der Schweiz befürchtet durch die Offenlegung der Verträge schwerwiegende Konsequenzen. Der Bund und die entsprechenden Pharmaunternehmen hätten Vertraulichkeit vereinbart. «Wir sind der Ansicht, dass Verträge von beiden Seiten eingehalten werden sollten», erklärt der Verband gegenüber CH Media.
«Bei einer Offenlegung würde die Schweiz unter Umständen vertragsbrüchig werden, was der Vertrauenswürdigkeit unseres Landes als Vertragspartner schadet und langfristig Folgen für uns alle haben könnte», befürchtet Interpharma. So könne es etwa sein, dass die Schweiz bei künftigen Beschaffungen von Medikamenten und Impfstoffen hintanstehen müsse. Für Interpharma habe das zur Folge, dass «Patientinnen und Patienten länger auf unter Umständen lebensrettende Innovationen warten müssen». (dba)