«Die einzige Chance ist das Brechen der Welle»
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Spitalbetten reichen nicht
«Die einzige Chance ist das Brechen der Welle»

Die Zahl der Neuinfektionen ist nicht mehr ganz so hoch wie noch gestern. Dennoch gehen die Experten von der Überlastung der Spitäler aus.
Publiziert: 30.10.2020 um 12:52 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2020 um 17:07 Uhr
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Virginie Masserey, Leiterin der Sektion Infektionskontrolle, sagte, es sei zu früh, um die Auswirkung der bundesrätlichen Massnahmen zu sehen.
Foto: Keystone

Am Freitag vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 9207 Ansteckungen mit dem Coronavirus. Das waren etwas weniger als am Donnerstag mit 9386 Fällen. Ist es schon Anlass zur Hoffnung, dass die bereits länger verschärften Massnahmen einzelner Kantone und die des Bundesrats Wirkung zeigen? Immerhin hatte der Bundesrat ja schon am 18. Oktober, also vor 12 Tagen, wieder das Zepter übernommen und etwa eine Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen verfügt.

Noch sei es zu früh für ein Fazit, sagte Virginie Masserey vom BAG an der Experten-Medienkonferenz. Auch Martin Ackermann, Chef der wissenschaftlichen Corona-Taskforce, meinte, man müsse noch etwas zuwarten. Ihm mache aber die Positivitätsrate Sorge. «Wir verpassen zu viele Infizierte.»

Wallis wird Forschungsobjekt

Was die wissenschaftlichen Berater des Bundesrats in die Bredouille bringt: Einerseits zeigt sich der Nutzen von Massnahmen immer erst nach etwa zwei Wochen – andererseits läuft die Zeit davon. Je länger man mit Massnahmen wartet, desto eher kann sich das Virus weiterverbreiten.

Die Taskforce versucht, diesem Dilemma mit zwei Instrumenten Herr zu werden. Erstens verfolgt sie tagesaktuell die Bewegungsdaten der Schweizer Bevölkerung – nur wenn die Mobilität abnimmt, nehmen auch die Kontakte ab und dann wohl auch die Neuinfektionen. Zweitens nimmt die Taskforce den Kanton Wallis unter die Lupe. Dieser hat schon vor dem Bundesrat restriktive Massnahmen ergriffen. Daher sollten sich die Folgen dort auch früher zeigen. Diese Erkenntnisse will man dann in die Ratschläge an den Bund einfliessen lassen.

Spitäler werden Kapazitäten überschreiten

Nötig wird es sein. Denn Ackermann geht davon aus, dass die Intensivstationen nicht mehr alle Patienten aufnehmen können: «Unsere Prognosen sind leider eingetroffen», sagte er. «Wir müssen damit rechnen, dass die Kapazitäten der Spitäler überschritten werden.»

Zwar sei man überall daran, die Kapazitäten in den Spitälern zu erhöhen – vielleicht auch durch den Einsatz der Armee. Doch das werde nicht viel nutzen, wenn das Wachstum der Krankheitsfälle so weitergehe. Man müsse unbedingt die Infektionen senken. Die Berner Kantonsärztin Linda Nartey ergänzte: «Die einzige Chance, die wir haben, ist das Brechen der Welle.»

Kampagne für Online-Check

Bund und Experten setzen dazu auf verschiedene Massnahmen. So lanciert das BAG eine neue Kampagne, die auf den Coronavirus-Check hinweist. Über ein einfaches Online-Tool kann schnell herausgefunden werden, ob Krankheitssymptome einen Coronavirus-Test nötig machen. Wer den Online-Check macht, erhält dazu eine Handlungsempfehlung.

Die Taskforce wiederum rät, in allen Innenräumen Maske zu tragen – wegen der Aerosole, über die man sich ebenfalls anstecken kann. BAG-Frau Masserey sagte, dass es sicher nicht falsch sei, so weit wie möglich Abstand zu halten und Maske zu tragen. Eine offizielle Empfehlung will das BAG aber nicht abgeben. (gbl/ser)

BAG-PK 30.10.2020
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